Wie von Profis gemacht oder amateurhaft schlecht? So gut ist der Crowdfounding-Film „Pottkinder“
Pottkinder ist ein Film des Mülheimers Alexander Waldhelm
Er hat den Film ohne Studio oder Filmverleih gedreht
Ob sich das Ergebnis sehen lassen kann, sagen wir dir im Artikel
Mülheim.
Wenn du die Klüsens siehst, siehst du denn Pott. Direkt, aber herzlich. Mit der Nachbarin, die um keinen Klatsch herumkommt. Mit dem Sohnemann, der die Pimpernellen bekommt, wenn es in seinem Alltag (oder beim VfL) mal wieder nicht läuft.
Jetzt kommt der Film in die Kinos. Lohnt er sich? DER WESTEN hat ihn sich mal angeschaut.
„Pottkinder“ wurde in Mülheim gedreht. Könnte aber auch in Essen spielen. Oder in Bochum. Gelsenkirchen. Oberhausen. Da tut sich nichts. Ist halt der Pott. Aber nicht der alte, der dreckige, der mit den Fördertürmen.
Sondern der neue, der mit Bürojobs, der noch nach seinem Sinn sucht: Vater Jörg arbeitet im Büro, Mutter Inge ist Hausfrau – und unglücklich damit – Sohn Michael fast mit dem Studium fertig. Aber was kommt dann?
Drei Geschichten also. Erzählt in eineinhalb Stunden. Die Lustige über den Vater, der jeden Morgen auf der Arbeit einen neuen Pförtner zu Gesicht bekommt und von ihnen in bester Helge-Schneider-Manier in skurrile Gespräche verwickelt wird.
Die Pförtner werden gespielt von allerlei Ruhrgebietsprominenz. Peter Neururer, Comedian Hennes Bender oder Radiomann Fritz Eckenga.
Dann der gesellschaftskritische Teil über Mutter Inge. Krank. Depressiv. Doch zunächst unverstanden von ihren Mitmenschen.
Und zuletzt der sinnsuchende Handlungsstrang über Sohn Michael. Der hat irgendwas mit Sport-Marketing studiert. Doch was wird man damit, in einer Region, in der die Arbeitslosigkeit immer noch hoch und der Strukturwandel noch immer nicht vollzogen ist?
Drei Storys in einem Film
Die Erzählstränge fesseln. Passen zusammen. Tragen den Film bis zum Schluss. „Wenn du Zuschauer am Ende lacht, weint und sich unterhalten gefühlt hat, dann habe ich mein Ziel erreicht“, sagt Regisseur Alexander Waldhelm im Interview. Das gelingt.
Die Laiendarsteller agieren im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Gerade Mutter Inge, gespielt von Patricia Höfer, fällt positiv auf. Auch Gerd Fleuren als Vater Jörg nimmt man den Gutherzigen aber manchmal etwas unbedachten Ruhrpott-Vater ab.
In jeder Szene steckt Herzblut
Sohn Michael (Michael Mölders) hat mit seinem Hipster-Bart nicht nur Ähnlichkeiten zu Christioph Metzelder, seine Mimik bei der Jobsuche hat auch immer etwas zu viel von einem aalglatten Fußballprofi.
In den Szenen steckt Herzblut. Das sieht man. Und so fallen die ganzen kleinen Fehler auch nicht wirklich auf. Wenn Vater Jörg mal im Polohemd das Haus verlässt und auf der Arbeit im Anzug erscheint. Klassischer Anschlussfehler halt. Oder wenn die Uhren beim Frühstück der Klüsens konsequent drei Uhr nachmittags zeigen.
Auch stimmt das Timing der Dialoge in den lustigen Szenen nicht immer. Egal, erinnert so nur noch Helge Schneider, bei dem die meisten Lachkrämpfe auch immer erst dann kommen, wenn niemand spricht. Ansonsten ist der Film aber handwerklich durch und durch gut gemacht.
Pottkinder erfindet das Genre des Ruhrpottfilms nicht neu. Will er auch nicht. Er ist für Menschen aus dem Pott. Von Menschen aus dem Pott.