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Ruhrgebiet: Katholischer Pfarrer klagt eigene Kirche an – „Kaum noch erträglich“

Ruhrgebiet: Katholischer Pfarrer klagt eigene Kirche an – „Kaum noch erträglich“

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Hass im Netz: Das kannst du tun

Ruhrgebiet: Katholischer Pfarrer klagt eigene Kirche an – „Kaum noch erträglich“

Hass im Netz: Das kannst du tun

Gerade ist das Thema Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche wieder hoch aktuell geworden. Mit der Einräumung einer Falschaussage im Falle des ehemaligen Priesters Peter H. aus Essen im Ruhrgebiet, machte der emeritierte Papst Benedikt XVI. zu Beginn der Woche Schlagzeilen.

Entgegen früherer Aussagen war er doch bei einem damaligen Treffen anwesend, bei dem über den Verbleib des Priesters gesprochen wurde, gegen den immer wieder Vorwürfe von Kindesmissbrauch erhoben wurde. Benedikt XVI. räumte dies jedoch nicht als eigenen Fehler ein, sondern sprach davon, falsch zitiert worden zu sein.

Von der Reaktion des emeritierten Papstes ist Pfarrer Hanno Rother aus dem Ruhrgebiet bitter enttäuscht, wie er im Gespräch mit DER WESTEN sagt.

Ruhrgebiet: Pfarrer von Reaktion des Ex-Papstes enttäuscht – „schon sehr bitter“

Hanno Rother sieht nicht aus wie ein typischer katholischer Geistlicher – und er ist bekannt dafür, offen seine Meinung zu sagen. Auch zur Missbrauchsdebatte möchte er unter keinen Umständen schweigen. Er kann nicht verstehen, wie selbst ein emeritierter Papst, „dem nichts mehr passieren kann“, nicht zugegeben kann: „Ja, ich war dabei und habe die Situation aus heutiger Situation falsch eingeschätzt.“

Genau das hätte er sich gewünscht. „Mit einem knappen Satz zu sagen: ‚Es tut mir leid, ich habe mich geirrt‘. Dann muss ich auch dazu stehen können.“ Doch genau das täte Benedikt XVI. nicht, was den Pfarrer „menschlich enttäuscht“.

Und auch bezüglich des Gutachtens um den Fall Peter H. sei es für ihn „schon sehr bitter“ zu bemerken: „Da stand für mich nichts Überraschendes drin. Das geht mich persönlich an.“ Er stellt sich selbst die Frage: „Wie kann ich eigentlich persönlich noch zu diesem Laden dazugehören?“ Die Zweifel spürt er auch bei den Menschen, die über Jahre hinweg in seiner Kirchengemeinde beschäftigt sind.

Rother ist sich sicher, es werden noch weitere Fälle bekannt werden. „Die dunklen Abgründe, die sich da auftun“, von denen wüsste man eigentlich schon seit der MHG-Studie (Forschungsprojekt zum Thema Sexueller Missbrauch in der Römisch-katholischen Kirche). Doch jetzt ginge es darum, wie diese Fälle aufgearbeitet werden könnten. Und dazu hat der Pfarrer aus dem Ruhrgebiet eine klare Meinung.

Pfarrer aus dem Ruhrgebiet kritisiert Kirche für Haltung in der Missbrauchs-Debatte – „Kaum noch erträglich“

„Eine echte Änderung ist, was wir brauchen“, klärt Pfarrer Rother auf, „zugunsten derer, die Betroffene sind, die zu Opfern geworden sind.“ Der degradierenden oder auch verharmlosenden Wirkung der Begriffe ,betroffen‘ und ,Opfer‘ ist er sich sehr wohl bewusst „Ich versuche, da sensibel zu sein.“ Aber: „Ich bin nicht der, der die Worte machen darf.“

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Er selbst ist als Pfarrer der Kirchengemeinde mitverantwortlich für die Messdienerarbeit und arbeitet seit seinen beruflichen Anfängen viel mit Jugendlichen zusammen. „Seitdem sind Konzepte entwickelt worden, wie Prävention gelingen kann. Da bin ich geschult.“ Er will Aufmerksamkeit auf das Thema sexueller Missbrauch lenken, damit Fälle schon zu Beginn erkannt werden können. Für ihn ist es wichtig, dass die Kirche „mehr und mehr zu einem sicheren Ort wird“.

Seiner Meinung nach würden die Gutachten aber auf eine ganz andere Ebene zielen. „Das System der Kirche, die Machtverstrickungen, begünstigen Täter zu schützen und Opfer allein zu lassen.“ Das sei ein „tiefreichendes Problem“.

Überall gäbe es Missbrauch, in der Familie, im Sportverein, aber auch in der Kirche. Das Problem dürfe man jedoch nicht relativieren. Gerade als Kirche müsse man der Gesellschaft ein Vorbild sein und besser Acht geben. „Die Kirche tut sich da so schwer, dass es kaum noch erträglich ist“, zeigt sich Rother enttäuscht.

Ruhrgebiets-Pfarrer fordert DAS von der katholischen Kirche – „ganz schnell über Bord werfen“

Er fordert von der Kirche, die Fälle aufzudecken, und zwar mit „größtmöglicher Transparenz“, aber auch mit „Distanz zum System“. Rother begrüße, dass die allermeisten Fälle bereits den staatlichen Behörden übergeben würden. „Das muss geschehen. Da müssen wir uns als Kirche der Justiz beugen.“ Ebenfalls sei er froh, dass sich immer mehr Opfer trauen, von ihren Erfahrungen zu erzählen.

Eine Sache müsse sich innerhalb der Kirche jedoch „grundlegend ändern“. „Man hat darauf geschaut, dass die Institution möglichst unverwundet da raus kommt“, so Rother. Er wünscht sich, dass nicht auf das Ansehen der Kirche geachtet werde. „Wer nimmt hier eigentlich gerade Schaden?“, so der Pfarrer. „Wie gelingt es uns, damit so umzugehen, dass Kirche ein sicherer Raum wird?“ Und das auch klar wird, „wofür wir einstehen wollen“. Schutz für Menschen, die sich selbst nicht schützen können: „Das ist doch unser Auftrag“.

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Rother fände es schön, wenn die Kirche bei den nächsten Gutachten vorweisen könne, dass sie aus ihren Fehlern gelernt habe und damit auch anders umgehen könne. „Wir sind da zum Teil auch auf einem guten Weg, aber wir müssen anders auf die Vorfälle und die Beteiligten eingehen.“

Und auch das Konzept der Unantastbarkeit müsse man „ganz schnell über Bord werfen“, so Rother. „Da ist die Kirche nicht heilig“, erklärt er. Denn sie sei auf gleiche Weise gerecht und sündig. Der Anspruch müsse nicht nur ein Hinarbeiten auf die Perfektion sein, sondern auch gerecht zu handeln. Die Kirche müsse für Gerechtigkeit sorgen und sich stark machen für diejenigen, die sonst keine Stimme hätten. (mbo)