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Rente: Vorsicht! Du könntest sogar früher sterben – das musst du beachten

Die meisten Deutschen wollen früher in Rente gehen. Es gibt Forderungen nach einem höheren Eintrittsalter, doch das kann gravierende Folgen haben.

Die meisten Deutschen wollen früher in Rente gehen. Es gibt Forderungen nach einem höheren Eintrittsalter, doch das kann gravierende Folgen haben.
© IMAGO/Westend61

Frührente: Wer kann sie eigentlich beantragen?

Viele Menschen entscheiden sich dafür, früher in Rente zu gehen. Doch wer kann Frührente beantragen? Drei Dinge sind dabei entscheidend.

Die Zukunft des deutschen Rentensystems steht auf wackligen Beinen. Bald gehen die Babyboomer in Rente – dann gibt es noch mehr Rentner bei immer weniger Beitragszahlern. Um das Problem des demographischen Wandels in den Griff zu bekommen, schlagen Experten und Politiker immer öfter vor, die Regelaltersgrenze für die Rente weiter anzuheben.

Doch ein späterer Renteneintritt kann gravierende Folgen haben, wie eine deutsch-spanische Studie herausgefunden hat. Das erschreckende Fazit: Eine geringere Lebenserwartung bei späterem Ruhestand.

Rente: Wer länger arbeitet, stirbt früher

Das Forschungsteam, bestehend aus Wissenschaftlern der Universität Mannheim und von zwei Universitäten in Barcelona, analysierte, ob es zwischen Sterblichkeit und Renteneintrittsalter einen Zusammenhang gibt. Das Ergebnis: Ein späterer Renteneintritt erhöht die Sterblichkeit. Sprich: Wer länger arbeitet, ist früher tot.

Bei der Studie mit dem Titel „Die Auswirkungen der Abschaffung der Frühverrentung auf die Sterblichkeit“ haben die Forschenden auf Sozialversicherungsdaten aus Spanien zurückgegriffen. Wie der SWR berichtete, gab es dort eine Rentenreform, die das Eintrittsalter um fünf Jahre angehoben hat. Wer vor dem 1. Januar 1.967 Beiträge in das Rentensystem eingezahlt hat, konnte freiwillig mit 60 in Rente gehen, alle anderen erst mit 65 Jahren.

Han Ye von der Universität Mannheim erklärt das wie folgt: „Um die kausalen Auswirkungen dieser Reform abzuschätzen, haben wir Personen verglichen, die im selben Jahr geboren wurden, aber 1966 und 1967 mit der Beitragszahlung in das Rentensystem begonnen haben.“ Die Forscher stellten erschreckender Weise fest, „dass eine Verzögerung des Renteneintritts um ein Jahr das Sterberisiko im Alter zwischen 60 und 69 Jahren um 4,2 Prozentpunkte erhöht. Das entspricht einem relativen Anstieg von 43 Prozent.“

Rente: Sterbe-Risiko steigt pro Arbeitsjahr

Heißt: Pro Jahr, das länger gearbeitet wird, steigt das Sterbe-Risiko, wenn der Renteneintritt von 60 auf 65 Jahre verschoben wird. Doch das gilt nicht für alle Arbeitnehmer gleichermaßen: „Wir konnten zeigen, dass der Anstieg der Sterblichkeit bei denjenigen stärker ist, die in Branchen mit einer sehr hohen Anzahl von Arbeitsunfällen gearbeitet haben. Zum Beispiel im Bausektor“, erklärt Ye gegenüber dem SWR.

Und: Die Sterblichkeit bei Arbeitnehmern in Berufen mit besonders psychischem und sozialem Stress sei sogar noch stärker. Sollten Arbeitnehmern mit dieser Belastung ein Recht auf Frührente genommen werden, dann könne das zu vorzeitigem Tod führen, so die Forscher laut SWR.

Rente: Gibt es eine Lösung?

Auch, wenn die Studie Daten aus Spanien heranzog, lasse sich das Ergebnis auch auf Deutschland anwenden, so Wissenschaftlerin Han Ye. Aber: „In unserer Arbeit stellen wir beispielsweise fest, dass Menschen, die an ihrem Arbeitsplatz Erfolgserlebnisse und Anerkennung verspüren, aufgrund der Verzögerung des Ruhestands keine negativen Auswirkungen auf die Sterblichkeit haben“, erklärt Ye.

Neben der psychischen, körperlichen und sozialen Belastung spielen für die Lebenserwartung auch Arbeitsbedingungen, Selbstwert bei der Arbeit und das Qualifikationsniveau eine Rolle. Ein pauschales späteres Renteneintrittsalter verschärfe die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ungleichheiten bei der Lebenserwartung, so die Forschungsgruppe laut SWR.


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Han Ye fordert: „Die politischen Entscheidungsträger müssen die Folgen für Gesundheit und Sterblichkeit berücksichtigen, wenn sie Vorruhestandsoptionen abschaffen – und zwar gerade für die Untergruppen, die stärker gefährdet sind.“ Doch was könnte die Lösung für das deutsche Rentensystem sein? Laut der Wissenschaftlerin der Universität Mannheim sei das „flexible Optionen anzubieten, beispielsweise die Möglichkeit, in Altersteilzeit zu arbeiten“. In Spanien habe man bereits gesehen, dass diese Option die Sterblichkeitsrate deutlich gesenkt hat. Eine weiter Anhebung der Regelaltersgrenze für die Rente solle laut den Forschern mit einer besseren Gesundheitsvorsorge gekoppelt werden.