Pflegebedürftige und ihre Angehörigen müssen im Vergleich zum letzten Jahr tiefer in die Tasche greifen. Seitdem ist der Eigenanteil der Gesamtkosten für die Pflege im Durchschnitt von 2.200 Euro auf 2.548 Euro pro Monat gestiegen.
Betroffene müssen so knapp 350 Euro mehr zahlen, wie eine Auswertung des Verbands der Ersatzkassen (vdek) ergab. Und vor allem in NRW sind die Kosten fürs Pflegeheim besonders hoch.
Pflege: „So stark belastet“
Die aktuellen Mehrkosten haben verschiedene Gründe: Zum einen werden Unterkunft, Essen und Trinken immer teurer, zum anderen steigen die Löhne des Pflegepersonals. „Wir und die ganze Gesellschaft wollen ja, dass Pflege gut bezahlt wird. Das führt aber im Umkehrschluss dazu, dass meine Bewohnerinnen und Bewohner so stark belastet werden, dass sie das häufig gar nicht mehr selbst zahlen können“, betont dazu Beate Linz-Eßer in der ARD-„tagesschau“.
Die Geschäftsführerin der Seniorendienste der Stadt Hilden (NRW) erhielt einen Brief eines Betroffenen, der 500 Euro mehr zahlen muss. „Er spricht von ‚Wucher‘ – ich verstehe den Angehörigen, denn aus seiner Perspektive ist das ja dramatisch.“ Laut Linz-Eßer hängt das aber damit zusammen, dass die Pflegekasse ihren Anteil nicht erhöhe und deswegen alle Steigerungen bei den Angehörigen und Bewohnern hängenbleiben würden.
Die Folge: „Wir werden nach der jetzigen Erhöhung mehr Bewohnerinnen und Bewohner haben, die in Sozialhilfe abrutschen“, mahnt die Heimleiterin. 2021 erhielten bundesweit laut Statistischem Bundesamt 400.000 Personen Hilfe zur Pflege. Linz-Eßer fordert deshalb eine Deckelung des Eigenanteils und eine höhere Kostenübernahme der Pflegekasse.
Jörg Meyers-Middendorf vom Verband der Ersatzkassen fordert: „Die Länder müssen ihre Investitionskosten für die Pflegeeinrichtung übernehmen, denn das bezahlen die Pflegebedürftigen heute zu 100 Prozent“. Darunter fallen zum Beispiel Instandhaltungs- und Sanierungskosten. Wenn diese Kosten übernommen werden würden, wären das laut „tagesschau“ durchschnittlich 477 Euro monatlich weniger.
Pflege: NRW ist unter den Spitzenreitern
Besonders in NRW sind die Preise für Pflegebedürftige gestiegen. In den nordrhein-westfälischen Pflegeheimen waren zum 1. Juli 2.801 Euro fällig und damit 261 Euro mehr als Mitte 2022, wie eine Auswertung des Verbands der Ersatzkassen ergab. NRW liegt damit weiterhin über dem Bundesschnitt von 2.548 Euro pro Monat. Nur in zwei anderen Bundesländern kann es noch teurer werden. So werden in Baden-Württemberg durchschnittlich 2.913 Euro fällig, im Saarland 2.841 Euro.
Zwar liege die Steigerungsrate unter dem Bundesdurchschnitt, allerdings zählt NRW zu den drei teuersten Ländern für Pflegeheimbewohner. „Wenn der Aufenthalt im Pflegeheim von immer mehr Menschen nicht mehr bezahlt werden kann, ist das System grundsätzlich in Schieflage“, mahnt der NRW-Landesverband der Ersatzkassen.
Und: Die finanzielle Belastung wächst trotz der inzwischen eingeführten Entlastungszuschläge weiter. Mit dem höchsten Zuschlag ab dem vierten Jahr im Heim stiegen die Zuzahlungen in NRW nun im Schnitt auf 2.054 Euro pro Monat – ein Plus von 124 Euro pro Monat innerhalb eines Jahres. Auch hier liegt der bundesweite Durchschnittswert mit aktuell 1.738 Euro pro Monat deutlich niedriger, wie aus den neuen Daten hervorgeht.
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Allein der Eigenanteil nur für die reine Pflege stieg in NRW innerhalb eines Jahres um 211 Euro auf nun durchschnittlich 1.149 Euro (bundesweit auf 1.245 Euro). Grund sind vor allem steigende Löhne für das Pflegepersonal, wie der Verband der Ersatzkassen erläuterte. Eine faire Bezahlung sei zu unterstützen. Es könne aber nicht sein, dass stetig steigende Kosten zum Großteil von den Pflegebedürftigen geschultert werden müssten.