Zwei Polizisten, die sich bisher bei den Grünen engagierten, kehren der Partei den Rücken. Unabhängig voneinander erklärten Kai Nielsen und Oliver von Dobrowolski jetzt ihre Austritte aus der Partei. Die Gründe aber könnten kaum unterschiedlicher sein.
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Während dem einen die Partei zu woke und zu ideologisch ist (Nielsen), beklagt der andere, dass die Partei gegenüber Koalitionspartner „Bissigkeit und Prinzipientreue vermissen lässt“ (von Dobrowolski).
Abkehr von den Grünen: „Framen von Menschen im ländlichen Raum als Nazis“
Kai Nielsen war bis zum Frühjahr sogar Fraktionsvorsitzender der Grünen im Kreistag von Schleswig-Flensburg. Diesen Posten legte er nieder und warf der Partei „verbohrte Ideologie und kaum Selbstkritik“ vor. Nun legte er mit dem Austritt nach und feuert erneut gegen die Grünen über X.
„In dieser Partei gibt es wirklich sehr viele gute, nette und kompetente Menschen. Die wieder deutlich zunehmende Ideologie der Partei, der Umgang mit anders denkenden Menschen in der Gesellschaft, häufiges Framen von Menschen im ländlichen Raum als Nazis, die Abkehr von Naturschutz gegenüber dem Ausbau von Wind- und Solarparks und der völlig naive Umgang mit Innerer Sicherheit in Verbindung mit der Migration junger Männer aus anderen Kulturkreisen hat mich zu dieser Entscheidung veranlasst.“
Kai Nielsen aux X
Der Lokalpolitiker unterstellt der Partei „mangelnde Selbstreflexion“ in Bezug „auf die Spaltung der Gesellschaft und die Interpretation von Wahlergebnissen“ vor.
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Polizist aus Berlin: „Selbstverzwergung“ der Partei
Aus einer ganz anderen Ecke kommt die Enttäuschung des Polizeibeamten und Autors Oliver von Dobrowolski (Buch: „Ich kämpfe für eine bessere Polizei“), die letztlich zum Austritt führte. Der Kriminalhauptkommissar fühlte sich zum einen von seiner Partei nicht ausreichend unterstützt bei Attacken von Rechtsaußen. Zum anderen ist er der Meinung, dass sie eigene Positionen zu lasch vertritt und sich immer wieder überrumpelt lässt. So schreibt er in einem Blogeintrag:
„In Berlin wurde vor eineinhalb Jahren eine progressive linksliberale Landesregierung auch (oder vor allem) deshalb abgewählt, weil man einem offen rassistisch geführten Wahlkampf der Wahlgewinnerin nichts entgegensetzen konnte oder wollte. Tragisch deshalb, weil der Anlass ein innenpolitsches Thema war und mit vielen populistischen und desinformierenden Thesen argumentiert wurde. Verfangen konnte das auch deshalb, weil von grüner Seite seit ewig eine erstaunliche Furcht davor besteht, innenpolitisch Akzente zu setzen oder sogar Verantwortung zu übernehmen. Die Selbstverzwergung durch den Fokus auf zumeist rein ökologische Themen kann hier keinen Erfolg bringen!“
Oliver von Dobrowolski
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