Die Stimmung in der Türkei wird immer angespannter: Wenige Tage vor der Wahl wenden Erdoğan-Anhänger Gewalt an. Der ewige Machthaber am Bosporus droht bei der demokratischen Abstimmung zu verlieren – würde er das akzeptieren?
Die Sorge vor einer Eskalation der Lage nimmt stetig zu. Erst recht nach einem üblen Vorfall am Sonntag (7. Mai) in Erzurum (Ostanatolien).
Erdogan beschimpft Gegenkandidaten als „Säufer“
Dort wurde der Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu (51) von einem Mob mit Steinen attackiert. Ein Video zeigt, wie Scheiben im Wahlkampfbus des Politiker der oppositionellen Republikanischen Volkspartei (CHP) zu Bruch gegangen sind. Weil die Stimmung auch während seiner Rede aggressiv war, musste er seinen Auftritt vorzeitig abbrechen. Mehrere CHP-Anhänger wurden am Kopf verletzt – darunter auch Kinder.
Ein Zwischenfall, der aufzeigt, was der Türkei im Falle einer Wahlniederlage von Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan drohen könnte? Der Tonfall des Präsidenten wird im Wahlkampf immer rauer und schroffer. Seinen Herausforderer Kemal Kılıçdaroglu (74) verunglimpfte er nun in einer Rede in Istanbul als „Säufer und Betrunkenen“.
Erdogan setzt auf Einschüchterung: „Organisierter Mob“
Aus Sicht des Journalisten und liberalen muslimischen Aktivisten Eren Güvercin sind das bedenkliche Vorzeichen kurz vor der Wahl. Er twitterte: „Erdoğan und seine kriminelle Vereinigung scheinen keine Hoffnung mehr zu haben, die Wahlen zu gewinnen. Der Mob in Erzurum, der Imamoglu und seine Anhänger mit Steinen angriff, war organisiert. Die Polizei hat zugeschaut und ist nicht eingeschritten.“
Gewalt auch in Deutschland?
Güvercin befürchtet eine Zunahme der Gewalt, auch in Hinblick auf eine mögliche Stichwahl Ende Mai: „Es ist davon auszugehen, dass die Provokationen von organisierten Schlägertruppen bis zum 14. Mai und einer eventuellen zweiten Wahlrunde zwei Wochen später weiter zunehmen werden.“ Der in Berlin lebende Insider warnt die deutschen Behörden, dass die türkischen Spannungen auch hierzulande Konflikte verschiedener Milieus mit Migrationshintergrund auslösen könnten.
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Experte über Erdogans letzte Strategie: „Einschüchtern, Gewalt anwenden und Blut vergießen“
Politikwissenschaftler Prof. Dr. Burak Çopur (45) aus Essen blickt ebenfalls mit Sorge in die Türkei. Es sei ein „gefährlicher Mob von Erdoganisten und Grauen Wölfen“ beim brutalen Eklat in Erzurum am Werk gewesen.
Çopur nennt das „staatlich organisierter Terror“. Erdoğan würden die Felle im Wahlkampf wegschwimmen, darum setze er mit seinem Innenminister Süleyman Soylu nun auf „Einschüchtern, Gewalt anwenden und Blut vergießen“.