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CDU-Parteitag: Essener Abgeordneter über Abkehr von Merkel – „Keiner will zurück zur Politik von früher“

Auf dem CDU-Parteitag sprach der Essener Abgeordnete Matthias Hauer mit uns über das Grundsatzprogramm und eine Abkehr der Merkel-Politik.

Politiker Matthias Hauer sprach mit uns auf dem CDU-Parteitag über die Politik der Ampel.
© IMAGO / Bernd Elmenthaler; IMAGO / photothek

Stoiber drängte Schäuble 2015 offenbar zum Sturz Merkels

Der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) hat laut den Memoiren von Wolfgang Schäuble (CDU) 2015 in der Flüchtlingskrise versucht, die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu stürzen. Schäuble sei aber nicht auf Stoibers Ansinnen eingegangen, heißt es laut einem Bericht des "Stern". Das Buch soll kommende Woche erscheinen. Wolfgang Schäuble

Vom 6. bis 8. Mai findet in Berlin der CDU-Parteitag statt. Ein wichtiger Teil der drei Tage ist das Grundsatzprogramm, das zum ersten Mal seit 2007 erneuert wird. Politische Beobachter sehen das Grundsatzprogramm von Merz zum CDU-Parteitag als Ende der Ära Merkel an.

Vor Ort sprachen wir mit dem Essener Bundestagsabgeordneten Matthias Hauer über den Parteitag und die Politik der CDU, die mit dem Grundsatzprogramm in Richtung Friedrich Merz geht.

++ Dazu interessant: CDU-Parteitag: Merz-Kritiker Ruprecht Polenz über Abkehr von Merkel – „nicht gut für Partei“ ++

CDU-Parteitag: Matthias Hauer über Merkel-Abkehr

Herr Hauer, was sind für Sie die wichtigsten Punkte zum CDU-Parteitag?

Matthias Hauer: Erst einmal war Montag ein erfolgreicher Parteitagsstart mit einem kraftvollen Ergebnis von knapp 90 Prozent für Friedrich Merz. Ich finde, das ist ein Zeichen der Geschlossenheit. Für Dienstag steht an, dass wir nach einem langen Beteiligungsprozess das Grundsatzprogramm beraten. Wir haben bei uns im Kreisverband in Essen zum Beispiel in vier Sitzungen über viele Stunden in einer Kommission unserer Parteibasis mehrere Dutzend Änderungsanträge erarbeitet.

Welche Änderungsanträge waren für Sie besonders wichtig?

Uns als Essener Kreisverband war beispielsweise wichtig zu betonen, dass wir eine christdemokratische Partei sind und nicht nur eine beliebige bürgerliche Partei. Da kann man natürlich sagen, das sind nur Begrifflichkeiten. Aber in einem Grundsatzprogramm geht es eben um eine grundsätzliche Ausrichtung. In dem Programm ist es wichtig, dass wir die Lebensrealitäten in Deutschland anerkennen. Dazu gehört ein Politikangebot für die große Mehrheit der Bevölkerung. Ich denke, dass der Entwurf dieses Programms das auch bietet.

In den Beliebtheitsumfragen steht NRW-Präsident Henrik Wüst weit oben. Wäre er nicht besser geeignet, wenn er solch breite Akzeptanz in der Bevölkerung findet?

Hendrik Wüst ist als Ministerpräsident und CDU-Politiker sehr beliebt. Insofern hat er bewiesen, dass er in NRW ein hohes Vertrauen genießt. Aber das ist eine andere Frage als die Kanzlerkandidatur, die wir zurzeit nicht entscheiden. Der Favorit für die Kanzlerkandidatur ist natürlich der Partei- und Fraktionsvorsitzende im Bund.

Der Ministerpräsident aus Schleswig Holstein, Daniel Günther, hat sich für einen offeneren Umgang seiner Partei mit der Linken ausgesprochen. Dazu hält er die Grünen grundsätzlich für einen guten Regierungspartner für die Union. Würden Sie Günther zustimmen?

Herr Günther hat erst noch einmal die Verdienste von Frau Merkel betont. Frau Merkel ist eine Politikerin, die eng mit der CDU verbunden ist. Ich glaube, die 16 Jahre unter Frau Merkel waren erfolgreicher als die letzten drei Jahre der Ampel, insofern müssen wir uns da nicht verstecken. Aber natürlich hat sich die Zeit auch verändert. Wir haben auch in manchen Bereichen dazu gelernt und auch in der Zeit von Frau Merkel nicht alles richtig gemacht.

Deshalb bietet das Grundsatzprogramm die Möglichkeit, das eine oder andere der aktuellen Situation anzupassen. Ich glaube, es will keiner zurück zu irgendeiner Politik von früher. Wir müssen Antworten finden auf die Probleme von heute, und die finden wir nicht mit Lösungen von gestern. Mit den Linken gibt es aus guten Gründen keinerlei Zusammenarbeit. Und die Politik der Grünen im Bund ist derzeit Teil des Problems der Regierung, nicht der Lösung.

„Katastrophale“ Ampel-Politik

Die CDU führt mit 30 Prozent die aktuellen Umfragen an. Liegt der Aufstieg der CDU an der Schwäche der Ampel oder am Grundsatzprogramm, über das auf dem CDU-Parteitag abgestimmt wird?

Ich denke, das ist eine Mischung. Die Ampel macht derzeit eine katastrophale Politik in vielerlei Hinsicht. Wir haben alle noch das Chaos beim Heizungsgesetz vor Augen. Es gibt weniger Klimaschutz mit der Ampel, indem sie, anstatt die letzten Kernkraftwerke weiterlaufen zu lassen, auf klimaschädliche Kohleverstromung setzt.

Dazu gibt es eine Stagnation in der Wirtschaft und gleichzeitig wird der Anreiz zum Arbeiten gesenkt, indem das Bürgergeld immer weiter steigt. Das sind alles Schritte in die falsche Richtung. Wir müssten Signale setzen, dass sich Leistung mehr lohnt. Wir haben zum Beispiel Vorschläge gemacht, dass Überstunden steuerfrei gestellt werden könnten, um Leistungsanreize zu schaffen.


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Der langjährige EU-Außenpolitiker der CDU, Elmar Brok, ruft seine Partei dazu auf, den Schwerpunkt stärker auf soziale Themen zu legen. Sehen Sie das genau so?

Wir brauchen eine grundlegende Reform des Bürgergeldes. Unser Ziel ist es nicht, irgendwelche Menschen zu sanktionieren. Unser Ziel ist es, Menschen in Arbeit zu bringen, damit sie dadurch wieder selbst für sich und ihre Familie sorgen können. Das entlastet auch den Staat, weil er dann mehr Steuern einnimmt und weniger Sozialleistungen erbringen muss. Das wäre eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Wir haben Millionen Menschen, die arbeiten könnten und trotzdem im Bürgergeldbezug sind. Unser Ziel muss es sein, diese Menschen in Arbeit zu bringen. Das Gegenteil erlebe ich derzeit bei der Ampel.