Seit diesem Jahr gibt es für rund vier Millionen Empfänger Bürgergeld. Hartz 4 ist seit Januar Geschichte. Bei der neuen Sozialreform stehen vor allem Qualifizierung und Weiterbildung im Fokus.
Auch soll das Jobcenter den Menschen mehr auf Augenhöhe begegnen. Ab Juli 2023 treten weitere Änderungen in Kraft. Ein Überblick.
Bürgergeld: Mehr Fokus auf Weiterbildung
Kooperationsplan
Das altbekannte System der formalen Eingliederungsvereinbarung wird schrittweise ad acta gelegt. An seine Stelle tritt der Kooperationsplan, der fortan als Leitfaden für die Arbeitssuche fungiert. Der wird gemeinsam von Bürgergeld-Empfängern und Mitarbeitern des Jobcenters erarbeitet. Im Plan enthalten sind dann Maßnahmen, um die Arbeitssuchenden in Beschäftigung zu bringen oder ihnen bei der beruflichen Weiterbildung zu helfen.
Und: Meinungsverschiedenheiten sollen der Vergangenheit angehören. Wenn es bei der Erstellung oder Aktualisierung des Kooperationsplans zu Differenzen kommt, kann das Schlichtungsverfahren eingesetzt werden. Währenddessen müssen die Betroffenen keinerlei Einbußen bei ihren Leistungen befürchten – keine Sanktionen, keine Kürzungen. Die alte Rechtsfolgenbelehrung gehört ebenfalls der Vergangenheit an. Der Kooperationsplan gibt nun den Ton an, ohne mit strengen Regelungen zu drohen.
Mehr Geld bei Weiterbildungen
Auch stehen beim Bürgergeld Aus- und Weiterbildungen im Fokus. So kann das Jobcenter Empfänger dabei unter die Arme greifen, Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben oder Rechnen nachzuholen.
Wer eine Weiterbildung macht, wird besonders unterstützt. Wie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) mitteilt, gibt es dann entweder das Weiterbildungsgeld oder den Bürgergeld-Bonus als zusätzliche monatliche Unterstützung.
- Weiterbildungsgeld: Das wird für eine abschlussbezogene Weiterbildungsmaßnahme geleistet, beispielsweise eine Berufsausbildung oder eine Umschulung. Im Monat gibt’s dann 150 Euro mehr.
- Bürgergeld-Bonus: Auch für nicht-abschlussbezogene Weiterbildungen von mindestens acht Wochen Länge wird ein monatlicher Bonus von 75 Euro gezahlt.
Auch gibt es für bestandene Zwischen- und Abschlussprüfungen eine zusätzliche Weiterbildungsprämie, wie das BMAS mitteilt. Zudem besteht die Möglichkeit, mehr Zeit zum Lernen zu bekommen. Bei Bedarf kann ein Berufsabschluss auch in drei statt in zwei Jahren nachgeholt werden.
Bürgergeld: Mehr Geld für Empfänger
Höhere Freibeträge: Mehr Geld für Aufstocker
Die Freibeträge werden kräftig angehoben und sorgen für eine Verbesserung der finanziellen Lage. Ab sofort dürfen Erwerbstätige, die ein monatliches Einkommen zwischen 520 und 1.000 Euro haben, 30 Prozent ihres Verdienstes behalten – statt bisher 20 Prozent. Das bedeutet bis zu 48 Euro mehr im Geldbeutel.
Mehr Geld für Schüler und Studenten
Auch für junge Menschen gibt es Verbesserungen: Schüler und Studenten haben bis zur Minijob-Grenze (520 Euro pro Monat) die Möglichkeit, ihr Einkommen vollständig zu behalten, ohne dass es auf das Einkommen ihrer Familie angerechnet wird. Gleiches gilt auch für Berufsausbildungen, den Bundesfreiwilligendienst, das Freiwillige Soziale Jahr oder eine dreimonatige Übergangszeit zwischen Schule und Ausbildung.
Und: Das Einkommen aus Ferienjobs darf komplett behalten werden. Ehrenamtlichen werden jährlich bis zu 3.000 Euro ihrer Aufwandsentschädigung nicht angerechnet.
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Weitere Veränderungen
- Bürgergeld-Empfänger können ein ganzheitliches Coaching oder Betreuung in Anspruch nehmen. Es kann auch aufsuchend, ausbildungs- oder beschäftigungsbegleitend erfolgen.
- Die Anforderungen an die Erreichbarkeit von Leistungsbeziehenden wird an die Möglichkeiten moderner Kommunikation angepasst.
- Mutterschaftsgeld wird nicht mehr als Einkommen angerechnet. Auch Erbschaften zählen nicht als Einkommen, sondern als Vermögen.
- Bei einer medizinischen Reha muss kein Übergangsgeld mehr beantragt werden, das Bürgergeld wird weitergezahlt.