Veröffentlicht inPolitik

Asyl: Nachbarländer wie Österreich zeigen uns den Vogel – „Geht auf ihre Kosten“

Können Zurückweisungen an der Grenze die Asyl-Lösung sein? CDU/CSU wollen selbst Kinder nicht mehr reinlassen. Ein Forscher sieht es anders.

CDU/CSU wollen Zurückweisungen an der deutschen Grenze
Asyl: Zurückweisungen an der deutschen Grenze? Foto: IMAGO/Revierfoto

Die Asyl-Debatte geht weiter und CDU/CSU erhöhen den Druck auf die Ampel-Koalition. Vor dem Migrationsgipfel der Ampel mit den Bundesländern und der Union legte Thorsten Frei nach. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU bekräftigte in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, dass man Zurückweisungen von Flüchtenden an der deutschen Grenze verlangt – „auch Frauen und Kinder“ sollen nicht mehr ins Land gelassen werden.

+++ Lesenswert: Asyl: Höhere Mieten wegen Migranten? Lanz und Merz sorgen für Wirbel – „Irgendwann reicht’s wirklich!“ +++

Die Union pocht auf eine Obergrenze von maximal 100.000 Asyl-Erstanträgen pro Jahr und begründet das mit einer angeblichen „Notlage“ im Land. Doch ein Asyl-Experte macht klar, wie unrealistisch der Plan ist.

Zurückweisungen durch Bundespolizei: „Absolut utopisch“

Im Interview mit „ntv“ nimmt Migrationsforscher Gerald Knaus die Idee von Zurückweisungen an der deutschen Grenze durch die Bundespolizei auseinander. Dabei räumt Knaus zunächst allerdings ein, dass Deutschland seit 2014 überproportional bei Asyl-Aufnahmen gefordert war (rund 46 Prozent aller positiven Asyl-Erstentscheidungen in der EU gab es in Deutschland). Der Experte: „Deutschland macht viel mehr als es muss“.

+++ Interessant: „Gefahr für öffentliche Sicherheit“ – Ex-Verfassungsrichter kritisiert Asylpolitik +++

Aber Zurückweisungen an der Grenze könnten so nicht in der Praxis funktionieren, warnt Kraus. Zum einen würde der Europäische Gerichtshof „fast sicher“ die Argumentation einer nationalen Notlage abschmettern. Dann müsste man das europäische Recht ändern, doch das sei „mühsam“. Zum anderen aber argumentiert der Wissenschaftler mit der Asyl-Lage in den direkten Nachbarländern.

+++ Spannend: Asyl-Debatte: „Diese Mädchen sind Freiwild in Syrien“ – lässt Deutschland sie jetzt im Stich? +++

Pro Kopf gerechnet habe Österreich eine noch größere Asyl-Belastung als Deutschland. Polen und Tschechien hätten zudem umgerechnet pro Einwohner auch mehr ukrainische Flüchtende aufgenommen als Deutschland. Wieso also sollten es diese Nachbarländer akzeptieren, wenn Deutschland die Grenzen dichtmachen will?

„Ohne die Kooperation der Nachbarn ist es absolut utopisch, sich vorzustellen, dass hier mehr Bundespolizei an der lange Grenze zu Österreich, zur Schweiz, zu Tschechien und zu Polen die irreguläre Migration reduzieren kann.“

Gerald Knaus bei ntv

Wieso sollten die Nachbarländer Deutschlands harten Asyl-Kurs akzeptieren?

Diese angebliche Notlage würde dann, „auf ihre Kosten“ gehen, so der Migrationsforscher. „Das ist kein Rezept, das im Ansatz zu funktionieren verspricht.“ Kraus meint, dass Maßnahmen an den Grenzen innerhalb der EU nichts bringen. Es könne nicht darum gehen, Asylbewerber „wie DHL-Pakete zwischen europäischen Ländern hin- und her zu schieben“.

Ähnlich äußert sich der österreichische Innenminister Gerhard Karner. Der christdemokratische ÖVP-Minister erklärt:  „Österreich wird keine Personen entgegennehmen, die aus Deutschland zurückgewiesen werden. Da gibt es keinen Spielraum!“ 


Mehr Themen für dich:


Lösung der Asyl-Frage: Deals mit Drittstaaten?

Stattdessen brauche es Einigungen mit Drittstaaten, damit die Menschen gar nicht erst nach Europa kommen, so der Migrationsforscher Kraus bei ntv. Er selbst hatte 2016 den Flüchtlingspakt mit der Türkei mitverhandelt und verweist auf diesen Deal als Vorbild. Viel mehr EU-Länder wären auch für solche Lösungen offen, meint der Forscher. Deutschland hätte in den vergangenen Jahren jedoch weitere Deals mit Drittstaaten ausgebremst.