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Gelsenkirchen: AfD-Beben bei Europawahl – DIESE Zahl schockiert besonders

Die AfD ist bei der Europawahl 2024 zweitstärkste Kraft in Gelsenkirchen. Selbst bei den historischen Wahlsiegern ist die Freude gedämpft.

© IMAGO/diebildwerft

AfD überall stark? Nein, hier sieht die Rechtsaußen-Partei kein Land

Zweitstärkste Kraft, im Osten sogar die Nummer eins: Die AfD profitiert bei der Europawahl vom Rechtsruck in Deutschland. Aber nicht überall konnten die Rechten punkten. Hier gab es die wenigsten Stimmen.

Jetzt ist es amtlich. Gelsenkirchen ist die AfD-Hochburg in Nordrhein-Westfalen. In keiner anderen Stadt oder in keinem anderen Kreis setzten prozentual mehr Wahlberechtigte ihr Kreuzchen bei der Rechtsaußen-Partei.

Trotz Skandalen im Wahlkampf, trotz Ermittlungen des Verfassungsschutzes wegen der Einstufung als rechtsextremistischer Verdachtsfall und trotz geheimen Schulterschluss mit Rechtsextremen beim Geheimtreffen in Potsdam (mehr hier >>>), holt die AfD bei der Europawahl 2024 in Gelsenkirchen 21,7 Prozent der Stimmen. Für die etablierten Parteien ist das ein Desaster – insbesondere für eine.

Gelsenkirchen: AfD plötzlich zweitstärkste Kraft

5,3 Prozentpunkte mehr als bei der Europawahl 2019 und die SPD überholt. Am Ende fehlten der AfD nur rund 1.600 Stimmen um stärkste Kraft in Gelsenkirchen zu sein. Ganz klar: Die Rechtsaußen-Partei kann sich als Sieger der Europawahl in der Ruhrpott-Stadt feiern. „Der Kreisverband Gelsenkirchen hat einen grandiosen Wahlkampf geführt und der Wähler hat uns dafür belohnt!“, jubelt deshalb die AfD-Kreisverbandes und Landtagsabgeordnete Enxhi Seli-Zacharias.


Die Städte und Kreise mit der meisten AfD-Stimmen bei der Europawahl in NRW:

  • Gelsenkirchen: 21,7 Prozent
  • Herne: 18, 0 Prozent
  • Hagen; 17,6 Prozent
  • Märkischer Kreis: 17,0 Prozent
  • Bottrop: 17,0 Prozent)
  • Oberhausen: 16,9 Prozent
  • Hamm: 16,8 Prozent
  • Duisburg: 16,7 Prozent
  • Kreis Lippe: 16,6 Prozent
  • Kreis Recklinghausen: 16,4 Prozent

Davor liegt nur die Union (23,47 Prozent), die damit erstmals überhaupt bei einer Europawahl in Gelsenkirchen stärkste Kraft wird. „Das hat es noch nie gegeben!“, freut sich Sascha Kurth. Gelsenkirchens CDU-Chef spüre das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler, dass die Union die Herausforderungen Gelsenkirchens in Europa und regional lösen könne. „Der Zuwachs für die Protestparteien AfD und BSW unterstreicht noch mal die Unzufriedenheit auf allen Ebenen und alarmiert uns.“


So hat Gelsenkirchen bei der Europawahl 2024 gewählt:

  • CDU: 23,47 Prozent
  • AfD: 21,66 Prozent
  • SPD: 21,55 Prozent
  • Grüne: 7,7 Prozent
  • BSW: 4,89 Prozent
  • FDP: 4,34 Prozent
  • DAVA: 2,62 Prozent
  • Sonstige: 11,2 Prozent

Das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) holte aus dem Stand knapp fünf Prozent in Gelsenkirchen. Und auch die erst Anfang 2024 neu gegründete „Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch (DAVA) kommt auf beachtliche 2,62 Prozent. Die DAVA sieht sich insbesondere als Interessenvertretung für Menschen mit Migrationshintergrund, steht aber in der Kritik, weil sie als Ableger der türkischen Regierungspartei AKP gilt – und damit als verlängerter Arm von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. (Mehr zur DAVA hier >>>)

Gelsenkirchen-OB Welge ernüchtert

Große Verliererin des Wahlabends sind ganz klar die Sozialdemokraten. In der einstigen SPD-Hochburg wird die Partei von Kanzler Olaf Scholz nur drittstärkste Kraft. Und das nach starken 37,5 Prozent bei der Landtagswahl 2022. Dementsprechend schockiert ist die amtierende Oberbürgermeisterin Karin Welge: „Es kann mich als Oberbürgermeisterin nur beunruhigen, dass auch in unserer Stadt Kräfte erfolgreich unterwegs sind, das demokratische, diskursorientierte politische und gesellschaftliche System zu diskreditieren und nachhaltig zu beschädigen“, so die SPD-Politikerin.


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Neben dem Rechtsruck ernüchtert Karin Welge auch die Zahl der abgegebenen Stimmen. Zwar ist die Wahlbeteiligung im Vergleich zur letzten Europawahl leicht gestiegen, liegt aber mit 52,24 Prozent nicht nur weit unter dem Bundesdurchschnitt (61,94 Prozent), sondern auch in NRW-weit auf dem letzten Rang: „Dass rund die Hälfte der Menschen in unserer Stadt sich gar nicht für Europa engagieren wollen oder mit ihrem Votum sogar die Stimmen stärken, die offen die europäische Idee in Frage stellen, ist für mich schwer hinnehmbar und zeigt mir, dass viele Menschen in ihrem alltäglichen Leben wenig von dem spüren, was Europa ihnen konkret bringt. Gerade im Hinblick auf die EM 2024, die als nächstes europäisches Großereignis vor der Tür steht, sei das fehlende Interesse an Europa „schon verwunderlich“.