Er bekomme sogar Morddrohungen. Der Grund: Er stellt eine Forderung auf. Welche das ist, verrät Bernd Raffelhüschen in einem Interview. Der Freiburger ist Finanzwissenschaftler und beschäftigt sich beruflich mit der Nachhaltigkeit des Rentensystems.
Die Forderung: Die Menschen müssen, wie das auch die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer sagt, länger arbeiten. „Sie werden keinen Rentenexperten finden, der etwas anderes sagt“, behauptet Raffelhüschen.
Rente: „Unfair“, wenn künftige Rentner 22 oder mehr Jahre Rente kriegen
Das Argument: „Heute liegt die durchschnittliche Rentenbezugsdauer bei 20,5 Jahren. Es wäre unfair, wenn zukünftige Rentner – bei gleichbleibender Lebensarbeitszeit – 21, 22 oder noch mehr Jahre Leistungen beziehen“, erklärt der Freiburger.
„Jeder sollte für ein Jahr Rentenbezug im Durchschnitt die gleiche Anzahl an Beitragsjahren geleistet haben. Das wäre fair, integrativ und würde die Gleichbehandlung über die Generationen hinweg sichern“, wird der Rentenexperte konkret.
Bernd Raffelhüschen erklärt, was das in der Konsequenz bedeutet. „Wenn wir davon ausgehen, dass zumindest ein Teil der steigenden Lebenserwartung auch in eine längere Lebensarbeitszeit übersetzt wird, kommen wir auf ein Alter von 69. Nicht sofort, aber perspektivisch. Wichtig ist, dass die Politik schon jetzt die Weichen dafür stellt“, fordert der 65-Jährige.
Auf die Frage, was er angesichts der Tatsache sage, dass die Rentenversicherung für das letzte Jahr einen Überschuss von rund zwei Milliarden Euro gemeldet habe und die Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, die Rente noch „quicklebendig“ nannte, führt Raffelhüschen aus: „Eine gewagte Aussage! Ich empfehle Frau Nahles, sich mit dem Phänomen der Inflation einmal genauer auseinanderzusetzen. Es ist richtig, dass die Rentenkasse höhere Einnahmen erzielt hat. Warum hat sie das getan? Weil die Löhne gestiegen sind. Die Löhne sind aber nicht gestiegen, weil die Produktivität höher ist – es handelt sich um einen teilweisen Ausgleich für die hohe Inflationsrate, die zudem die Renten in ihrer realen Kaufkraft auch aushöhlt. Von einer Entspannung kann keine Rede sein.“ Der „Müncher Merkur“ führte das Interview mit Raffelhüschen.