Wer Kinder erzieht, steht finanziell im Alter häufig schlechter da, als kinderlose Menschen. Warum das so ist, liegt auf der Hand. Schließlich können Eltern in der Regel nicht in Vollzeit arbeiten. So zahlen sie weniger oder gar nicht in die Deutsche Rentenversicherung ein. Ein Nachteil, den (immer noch) besonders Frauen trifft. Nun wartet ein Schweizer Ökonom mit einem Vorschlag auf, der es in sich hat.
Der Basler Ökonom Wolfram Kägi möchte die Rente der Schweizer Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) von der Anzahl der Kinder abhängig machen. „Die AHV leidet an einem Konstruktionsfehler: Sie ignoriert die Tatsache, dass es ohne Kinder auch keine künftigen Renten mehr gibt. Stattdessen wird einfach angenommen, dass stets genügend Familien da sind, welche Kinder aufziehen – und damit einen Dienst für die Allgemeinheit leisten“, sagte Kägi in der NZZ.
Rente: Während Ertrag der Kinder sozialisiert wird, bleiben die Eltern auf den Kosten der Kinder sitzen
Kägi verweist auf die Mehrbelastung der Eltern. Während die Gesellschaft von den Kindern profitieren würde, der Ertrag der Kinder als sozialisiert werde, müssten die Eltern die Kosten der Kinder privat tragen. „Würde die Höhe der Rente dagegen an die Zahl der Kinder gekoppelt, könnte man den Mehraufwand der Eltern zumindest teilweise kompensieren.“
Grund für die Debatte: Die Geburtenrate in der Schweiz ist auf einen neuen Tiefstand von 1,39 Kinder pro Frau gesunken. In Deutschland sieht es nicht besser aus. Hierzulande fallen 1,58 Kinder auf eine Frau, wie das Statistische Bundesamt aufzeigt.
Der Vorschlag Kägis findet Zuspruch. „Wer sich gegen Kinder entscheidet, wird für das Rentensystem zu einem Trittbrettfahrer: Er profitiert von Leistungen, zu denen er kaum etwas beigetragen hat“, sagte der Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen von der Universität Freiburg in der NZZ. Klar sei, dass der Staat keine Altersarmut zulassen dürfe, egal ob man Kinder erzogen habe oder nicht. Dass aber diejenigen stärker davon profitieren, die für die nächste Generation vorgesorgt haben, halte er für gerechtfertigt.
Doch Kägi erntet für seinen Vorschlag nicht nur Zustimmung, sondern sieht sich auch deutlicher Kritik ausgesetzt. So bezeichnet Sylvia Locher (Verband „Pro Single Schweiz“) die Idee als „Blödsinn“. „Wir Kinderlosen lassen uns sicher nicht einreden, dass wir einen zu geringen Beitrag für die Gesellschaft leisten“, sagte sie der NZZ. Schließlich belasteten sie die Infrastruktur und das Sozialsystem weniger als eine Familie.