Julia B. ist bitter enttäuscht. Nach Jahren der Corona-Ausfälle konnte die Mutter aus Mülheim das erste Mal mit ihrem viereinhalb Jahre alten Kind einen Martinszug besuchen. Ihre Vorfreude auf das Event im Stadtteil Winkhausen war enorm.
Doch das Fazit von Julia nach dem Martinszug in Mülheim fällt dürftig aus: „Ich bin ein bisschen traurig überrascht“, sagt sie. In der Kita hätten sich alle Beteiligten so viel Mühe gegeben. Doch der Zug selbst sei zu einem Trauerspiel verkommen. Mit ihrer Beobachtung stand die Mülheimerin bei weitem nicht alleine da.
Mülheim: Mutter kritisiert Eltern – „Einfach schade“
Ihren Sohn habe sie im Vorfeld mit großen Augen vom Martinszug erzählt. Von bunten Lichtern und singenden Familien. Mamas, Papas und Kinder kämen zusammen, um gemeinsam auf der Straße zu trällern. Doch diese Erwartung sollte sich nicht erfüllen.
Zwar leuchteten die Laternen. Doch vom Gesang habe sie in der Mitte des Zuges weit und breit nichts vernehmen können. „Die Oma, meine Freundin und ich versuchten mehrfach einzusingen, doch irgendwie schien es niemandem wichtig“, klagt sie und musste ein bitteres Fazit ziehen: „Es war der leiseste Umzug meines Lebens.“ In der Kita hätten Erzieher und Kinder noch alle gesungen. Den Zug erlebte sie als pure Enttäuschung: „Wieso leben es die Erwachsenen nur nicht mehr vor? Einfach schade.“
Ärger über Martinszüge in Mülheim
Mit ihrer Enttäuschung steht Julia B. nicht alleine da. In einer lokalen Facebook-Gruppe klagen viele darüber, dass die Sankt-Martins-Tradition nicht mehr so gelebt werde wie früher. Eine andere Mutter beschrieb, dass sie den Umzug in der Stadt entsetzt verlassen habe. Ihr Glück habe sie dann später beim Umzug von der Katholischen Kirche St. Mariae Geburt auf der Althofstraße gefunden.
„Dieser Umzug war wirklich schön und hat die Enttäuschung bei den Kleinen und meiner Wut weggemacht.“ Eine andere Mülheimerin klagt, dass sie auf ihren Süßigkeiten sitzengeblieben sei, die sie extra für Sankt Martin angeschafft habe: „Keiner kam mit Laterne. Das war früher auch anders. Aber Halloween rennen sie dir die Türe ein.“
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Julia B. hofft nun, dass sie die Tradition in Mülheim wieder aufleben lassen kann. „Mir liegt es sehr am Herzen, dass der Sankt-Martinszug wieder so wird, wie er einmal war“, sagt die Mülheimerin im Gespräch mit DER WESTEN. Ihre Idee: Statt eines Umzugs könnten sich Singfreudige doch im nächsten Jahr auf einem großen Platz treffen. „Dann würden vielleicht auch Omis und Opis mit dazukommen.“
Ihre Vision: „Alle singen zusammen. Die Kinder halten die Laterne“, so die Mülheimer Mutter, die sogar an die Autofahrer denkt: „Die Autos kommen dann vernünftig durch den Feierabendverkehr.“ In der Facebook-Gruppe sucht sie nun nach Gleichgesinnten, damit das Fest für die Kinder 2023 feierlicher – und vor allem liederreicher wird.