Hagen.
Die gewaltigen Gesenke, die wie in einem Skulpturenpark aufgereiht sind, lassen erahnen, wie schwer die Arbeit in der Produktionshalle der KB Schmiedetechnik in Hagen sein muss. Diese Arbeitsbedingungen sind auch der Grund, warum auf dem Betriebsgelände ein hochmodernes Gebäude steht, in dem auch ein Therapiezentrum samt Kindertagesstätte untergebracht sind.
Die ungewöhnliche Konstellation überzeugte die Jury, der KB Schmiedetechnik den dritten Platz des Initiativpreises NRW 2013 zuzuerkennen, den WGZ Bank und die Funke-Mediengruppe, zu der auch die NRZ gehört, alljährlich vergeben. Die Einrichtung des Zentrums, in dem Kinder betreut und geschundene Rücken behandelt werden, geht auf das Engagements einer mutigen Frau zurück: Angelika Schulte hatte 2003, damals Leiterin des Rechnungswesens, die insolvente Gesenkschmiede gemeinsam mit ihrem Sohn übernommen und den Traditionsbetrieb völlig umgekrempelt.
2003 komplett neu gestartet
Die heute 120 Mitarbeiter entwickeln und schmieden Armaturen insbesondere für den Kraftwerksbau. Die Armaturen verbinden Rohrleitungen, die extreme Temperaturen aushalten müssen. Geschmiedete Komponenten aus Hagen stecken aber auch in Gabelstaplern, in Kühlhäusern, Getränkeabfüllanlagen und in Gelenken der Spezialfahrzeuge, die Leitpfosten auf Straßen reinigen.
„Wir sind 2003 komplett neu gestartet und haben uns ganz schön gemausert“, sagt Angelika Schulte. 2012 machte die KB Schmiedetechnik einen Umsatz von 19,4 Millionen Euro. Die geschäftsführende Gesellschafterin hat aber nicht nur die betriebswirtschaftlichen Zahlen im Blick. „Für mich ist auch das Betriebsklima ganz wichtig“, sagt sie. Dazu zählen für sie nicht nur Feiern mit den Beschäftigten und Bowling zu Weihnachten, sondern auch die ergonomisch angemessene Ausstattung der Arbeitsplätze und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Zunächst verteilte Angelika Schulte an ihre Mitarbeiter Gutscheine für Fitnessstudios. Bis sie auf die Idee kam, auf einer freien Wiese eine Einrichtung zu bauen, die Kindertagesstätte und Therapiezentrum unter einem Dach beherbergt. Da beide Angebote nicht von ihren eigenen Leuten allein leben könnten, startete sie unter Unternehmer-Kollegen der umliegenden Industrie eine Umfrage. „Es gab eine Riesenresonanz für die Kindertagesstätte. Und auch die Stadt Hagen war total begeistert“, erzählt die Geschäftsfrau.
Nach einigen Rückschlägen ging es dann ganz schnell. Im Dezember 2011 beschloss der Rat der Stadt Hagen, die übrigen Kita-Plätze, die nicht von Unternehmen gebucht sind, zu übernehmen. Am 1. August 2012 öffnete das Niedrigenergiehaus bereits.
Kein Euro aus öffentlichen Mitteln
Die Baukosten, über die Angelika Schulte nicht reden will, übernahm die KB Schmiedetechnik. „Hier ist kein Euro aus öffentlichen Mitteln geflossen“, unterstreicht sie. Denn die Unternehmerin ist davon überzeugt: „Indirekt rentiert sich die Investition für den Betrieb.“
Beschäftigte können nicht nur bequem ihre Kinder in der Kita zur Betreuung abgeben. Vor oder nach der Arbeit nehmen sie auch das ergo- und physiotherapeutische Gesundheitszentrum in Anspruch. „Es haben sich bereits Sportgruppen gebildet, die den Zusammenhalt im Betrieb noch einmal intensivieren“, sagt Schulte.
Das Team von Heike Odenthal, die das Therapiezentrum leitet, schaut sich bei Bedarf die Arbeitsplätze ihrer Klienten an, um den Übungsplan individuell auf deren Bedürfnisse abzustimmen – an Kraftmaschinen, auf der Gymnastikmatte oder auf der Massageliege. „Durch Vorbeugung wird die Zahl der Menschen mit chronischen Erkrankungen in den nächsten Jahren zurückgehen“, ist Odenthal überzeugt. Das Problem vieler Arbeitnehmer sei insbesondere die einseitige Belastung am Produktionsarbeitsplatz, aber auch am Schreibtisch. Die Therapeutin: „Das Auto bringen wir regelmäßig zur Inspektion. Das sollte auch für den Körper gelten.“