General Motors lässt bei Opel erneut die Muskeln spielen: dem US-Konzern geht die Sanierung der Rüsselsheimer Tochter nicht schnell genug, berichten Insider. In der Konzernzentrale werde daher über andere Möglichkeiten nachgedacht, wie das Problem Opel gelöst werden könne.
Bochum.
General Motors lässt bei Opel erneut die Muskeln spielen – denn der einst weltgrößte Autobauer steckt in der Zwickmühle. Dem Management des US-Konzerns geht die Sanierung der Rüsselsheimer Tochter nicht schnell genug, berichten Insider und sprechen von Frustration in Detroit. In der Konzernzentrale werde daher über andere Möglichkeiten nachgedacht, wie das Problem Opel gelöst werden könne.
Andererseits halten viele Experten einen Verkauf von Opel für sehr schwierig bis unmöglich, so eng verflochten sei der Autobauer mit der amerikanischen Mutter. Branchenkenner vermuten daher, dass die aufgekommenen Verkaufsgerüchte an Chinesen oder Volkswagen das Management und Belegschaft von Opel unter Druck setzen sollen, um den Umbau zu beschleunigen.
Bochumer Betriebsrat Einenkel: „Dummes Zeug“
Der Bochumer Opel-Betriebsrat Rainer Einenkel nannte diese Berichte „dummes Zeug“. Am Dienstag habe es im Finanzausschuss des Aufsichtsrates unter Beisein auch hochrangiger europäischer Manager keinerlei Andeutung in Sachen eines Verkaufs gegeben. Einenkel zu dieser Zeitung: „GM wäre mit dem Klammerbeutel gepudert, das wertvolle Geschäft in Europa abzugeben. Und Opel stellt 80 Prozent des europäischen Geschäftes.“ Bereiche abzustoßen, die nicht zu ersetzen seien, „wäre Selbstmord“, so der Betriebsrat.
Für den Frust von GM-Boss Daniel Akerson sehen deutsche Experten zudem nur begrenzt Anlass. „Opel ist auf einem guten Weg und hat sein Ergebnis verbessert“, sagt Autoforscher Willi Diez von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt. „Dass jetzt Verkaufsabsichten bestehen sollen, überrascht mich.“ Auch bei Autoforscher Ferdinand Dudenhöffer sorgen die Berichte über eine bevorstehende Trennung von Opel und GM für Stirnrunzeln: „Die Detroiter gehen ein großes Risiko damit ein, denn die Motivation in den Opel-Werken dürfte ohne ein schnelles Dementi von GM wieder auf den Nullpunkt sinken.“
Imageschaden
Opel-Konzernbetriebsratschef Klaus Franz sagte, es handele sich um „reine Spekulationen, die von wem auch immer in die Welt gesetzt wurden“, um Opel zu schaden. Franz sagte aber auch, der Betriebsrat vermisse „ein klares Dementi von General Motors“. Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke wies Berichte über einen Verkauf des Autobauers lediglich als substanzlos zurück. Die Gerüchte seien reine Spekulation, schrieb er an die Mitarbeiter. GM äußerte sich zunächst nicht.
Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach sieht den Schwarzen Peter jenseits des Atlantiks. „Man bemüht sich zwar, aber GM lässt Opel am langen Arm verhungern“, sagt der Experte. GM lasse die Tochter nicht in die entscheidenden Märkte, vor allem nicht nach China. Noch vor wenigen Tagen hatte Opel einen vorläufigen Schlussstrich unter die schwierige Sanierung des Unternehmens gesetzt, die Anfang 2010 begonnen wurde. Europaweit hat der Autobauer 8000 der 48 000 Stellen gestrichen und sein Werk im belgischen Antwerpen geschlossen.
Auch über den Personalabbau im Bochumer Werk wurde eine Einigung erzielt, für den der Autobauer allerdings tief in die Taschen greifen muss. Auf Kündigungen soll weitgehend verzichtet werden. Ein Sieg für den neuen Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke, der den vor gut einem Jahr beschlossenen Abbau von 1800 der damals 5100 Stellen in Bochum gegen Widerstände durchboxte. Zunächst hatten nur 600 Mitarbeiter die angebotene Abfindung akzeptiert oder einem Wechsel in eine Transfergesellschaft zugestimmt, die bei der Arbeitsplatzsuche helfen soll. Andere Arbeitsplätze mit vergleichbarem Einkommen sind im Ruhrgebiet rar. Für die verbliebenen 1200 Mitarbeiter musste Opel daher nachverhandeln. Vor diesem Hintergrund sei ein möglicher Verkauf von Opel nicht nachvollziehbar, so Dudenhöffer. „Der Personalabbau ist unter Dach und Fach, der Opel-Absatz in Russland läuft gut.“