Die Emschergenossenschaft investiert 4,5 Milliarden Euro in den Umbau der Emscher. Im Gegensatz zu Großprojekten wie dem Flughafen BER oder Stuttgart 21 verläuft der Umbau ohne Eklats. Nächste Baustellen in diesem Jahr sind die Strecke von Bottrop bis Oberhausen und die Rheinmündung in Dinslaken.
Essen.
Es gibt noch Großprojekte, die im geplanten Kostenrahmen bleiben und ohne juristischen Streit und Bürgerproteste abgewickelt werden: der Emscher-Umbau. 4,5 Milliarden Euro kosten die Verbannung des Abwassers in den Kanal und die Renaturierung der Emscher. Drei Milliarden wurden seit 1992 bereits verbaut. In diesem Jahr nimmt die Emschergenossenschaft weitere 230 Millionen Euro in die Hand. 2020 soll das größte Wasser-Projekt Deutschlands abgeschlossen sein.
Von der Größe der Investition her spielt der Emscher-Umbau in einer Liga mit dem Pannen-Flughafen Berlin oder dem umstrittenen Bahnhofsbau Stuttgart 21. Negative Schlagzeilen sind der Emschergenossenschaft aber erspart geblieben. „Dabei machen auch wir Lärm und Dreck“, sagt Vorstandsvorsitzender Jochen Stemplewski. Es mag eine Fügung gewesen sein, dass er die Leitung der Genossenschaft 1992 übernahm, als der Startschuss für den Emscher-Umbau fiel. Inzwischen sind die Erfahrungen, die die Essener gesammelt haben, bundesweit gefragt.
Die Anwohner einbinden
„Man muss die Leute von der Sinnhaftigkeit überzeugen und frühzeitig einbinden“, nennt Stemplewski ein Rezept für den Erfolg. Dazu gehörten Bürgerversammlungen und ein funktionierendes Beschwerdemanagement. Und Anwohner vor Lärm zu schützen, der entsteht, wenn die bis zu vier Meter Durchmesser dicken Betonrohre in die Erde gebracht werden. Da greift die Emschergenossenschaft auch schon mal zu unorthodoxen Mitteln und baut längs der Häuser eine Lärmschutzwand aus leeren Stahlcontainern.
Widerstand gegen den Emscher-Umbau blieb aber auch aus, weil im Gegensatz zu BER, Stuttgart 21 oder Elbphilharmonie die Kosten nicht durch die Decke schießen. „Die, die die Kosten tragen, sitzen mit in den Gremien der Emschergenossenschaft“, sagt Stemplewski. Und das sind 19 Städte und über 100 Unternehmen, die an der Emscher zwischen der Quelle in Holzwickede bei Dortmund und dem Eintritt in den Rhein bei Dinslaken liegen und über die Genossenschaft ihre Abwasserreinigung organisieren.
Ein „lernendes Großprojekt“
82 Prozent der Kosten für den Umbau tragen die Emschergenossenschaft und ihre Mitglieder. 18 Prozent steuern Land NRW und Europäische Union über Fördermittel bei. Unternehmensberater der Fichtner Management Consulting haben bestätigt, dass der Kostenrahmen für die Einzelprojekte eingehalten wird. „Wir sind ein lernendes Großprojekt“, betont Genossenschaftschef Stemplewski. Und so wurden im Laufe der Planungen weniger Klärwerke gebaut als ursprünglich angedacht, um der schrumpfenden Ruhrgebiets-Bevölkerung Rechnung zu tragen.
Bis 2018, so lautet das Ziel, soll das Abwasser in 400 Kilometern langen Kanälen verschwunden sein, zwei Jahre später die Emscher renaturiert sein. 250 Kilometer des unterirdischen Systems sind fertiggestellt. In diesen Tagen beginnen die Bauarbeiten für das zweitgrößte Teilprojekt zwischen Bottrop und Oberhausen mit einem Volumen von 170 Millionen Euro. Auf dem Plan für dieses Jahr steht auch die Umgestaltung der Mündung in Dinslaken. Für 60 Millionen Euro wird die Emscher verlegt und erhält eine neue Auenlandschaft.
Ökologische und wirtschaftliche Effekte
Stemplewski ist davon überzeugt, dass der Umbau nicht nur ökologische Verbesserungen bringen wird, weil weniger Abwasser in Rhein und Nordsee gelangen. Eine RWI-Studie belegt auch wirtschaftliche Effekte, die die Emscherregion aufwerten sollen.
Das Ende des Emscher-Umbaus wird Stemplewski in seiner Funktion als Genossenschaftschef nicht begleiten. Zwei Jahre dranhängen will der 65-Jährige dennoch. „Es passt nicht mehr in die Zeit, dass unsere Mitarbeiter zum Teil bis 67 arbeiten müssen, der Chef aber mit 65 in Rente geht“, sagt der überzeugte Ruhrgebietler. „Ich will dieses Projekt aus Überzeugung noch so weit es geht zu Ende bringen.“