Die Familie des Firmengründers Klaus Steilmann hat mit dem heutigen Textilkonzern nichts mehr zu tun. Unternehmenssitz ist auch nicht mehr Bochum-Wattenscheid, sondern Bergkamen. Nun steht eine weitere große Veränderung bevor. Steilmann will die fränkische Modekette Adler übernehmen.
Bergkamen.
Steilmann ist wieder da. Doch es ist vor allem der Name, der noch einmal Karriere macht. Die Familie des Firmengründers Klaus Steilmann hat mit dem heutigen Textilkonzern nichts mehr zu tun. Unternehmenssitz ist auch nicht mehr Bochum-Wattenscheid, sondern Bergkamen. Auf der Chefetage wird jetzt italienisch gesprochen. Der Mann an der Spitze heißt Michele Puller – und er ist nicht Mäzen der SG Wattenscheid 09, sondern sitzt im Beirat von Borussia Dortmund. Kurzum: Die Firma Steilmann hat einen radikalen Wandel hinter sich. Nun steht eine weitere große Veränderung bevor. Steilmann will die fränkische Modekette Adler übernehmen.
Innerhalb der nächsten sechs bis acht Wochen wolle er das Geschäft über die Bühne bringen, sagte Steilmann-Chef Puller im Gespräch mit der WAZ-Mediengruppe. Wie Steilmann hat auch Adler turbulente Zeiten hinter sich. Noch vor wenigen Jahren gehörte die Textilkette mit ihren aktuell rund 4400 Mitarbeitern zum Düsseldorfer Metro-Konzern, der nicht recht glücklich wurde mit seiner Tochterfirma. 2009 stieg die Investmentfirma BluO ein, die den umstrittenen Unternehmern Peter Löw und Martin Vorderwülbecke gehört. 2011 ging Adler an die Börse. TV-Moderatorin Birgit Schrowange und der frühere Fußball-Manager Rainer Calmund wurden engagiert, um das leicht verstaubte Firmen-Image aufzubessern. Zuletzt lief das Geschäft in den fast 170 Modemärkten in Deutschland, Luxemburg, Österreich und der Schweiz offenbar ordentlich.
Steilmann beschäftigt rund 7000 Mitarbeiter in 18 Ländern, davon 1900 in Deutschland. Zur Firmengruppe zählen auch die elf Filialen der Modekette Boecker mit Sitz in Herne. Im Jahr 2006 entging die Traditionsfirma Steilmann, einst Deutschlands größter Bekleidungsproduzent, nur durch den Verkauf an die italienische Miro-Radici-Gruppe knapp einer Pleite. Britta und Ute Steilmann, die Töchter des Firmengründers, die zwischenzeitlich aktiv waren, spielen heute im Unternehmen keine Rolle mehr. Im November 2009 starb Firmengründer Klaus Steilmann, der „Weltbürger aus Wattenscheid“, im Alter von 80 Jahren.
Jetzt haben die italienischen Familien Puller, Giazzi und Radici das Sagen
Die Firma Steilmann ist auch heute ein Familienbetrieb, nur haben jetzt die italienischen Familien Puller, Giazzi und Radici das Sagen. Zusammen halten sie die Anteilsmehrheit. Michele Puller und sein Kompagnon Massimo Giazzi führen in Bergkamen die Geschäfte. Der gut vernetzte Unternehmer Miro Radici aus Bergamo ist der Onkel ihrer Ehefrauen. Seit Jahren machen die Familien in Deutschland Geschäfte. Auch bei Adler wolle sich ihre Firma langfristig engagieren, betont Puller. „Wir sind keine kurzfristigen Investoren“, sagt er. „Wir wollen, dass Adler börsennotiert bleibt. Und wir wollen so viel Streubesitz wie möglich.“
Gemeinsam mit weiteren Investoren hat die Firma Steilmann bereits eine Vereinbarung zum Kauf von 49,96 Prozent der Anteile mit dem derzeitigen Adler-Hauptaktionär abgeschlossen. Dafür will Steilmann zusammen mit dem Finanzinvestor Equinox gut 53 Millionen Euro auf den Tisch legen.
Je Aktie beträgt der Kaufpreis 5,75 Euro. An der Börse war die Modekette zuletzt deutlich höher bewertet. Steilmann kündigte an, den restlichen Adler-Aktionären ein Pflichtangebot mit dem gesetzlichen Mindestpreis unterbreiten zu wollen.
„Mode für Millionen, nicht Millionäre“
Eine Fusion von Steilmann und Adler sei nicht geplant. „Wir wollen die Unternehmen auf keinen Fall zusammenführen“, sagt Puller. Möglich sei aber, bei Einkauf und Produktion zu kooperieren. Steilmann lässt die Textilien vor allem in China und Rumänien fertigen. Im Übrigen haben Adler und Steilmann ähnliche Kundinnen im Blick, sagt Puller: „Frauen über 40.“ Steilmann wolle Produkte anbieten, „die jeder kaufen kann“. Die Strategie erinnert an den Leitspruch von Klaus Steilmann. Er mache „Mode für Millionen“, sagte er stets, „nicht für Millionäre“.