Das Teilen von Fotos und Videos auf Facebook und anderen Sozialen Netzwerken verletzt häufig Urheberrechte. Medienanwälte beobachten erste Abmahnungen besonders bei dem neuen Portal Pinterest.
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Soziale Netzwerke, sagen Rechtsexperten, vertragen sich nicht mit dem deutschem Urheberrecht. Nutzer, die auf Facebook, Google+ oder anderen Sozialen Netzwerken Videos und Bilder teilen, bewegen sich auf dünnem Eis, wenn sie nicht die Rechte an den von ihnen geteilten Inhalten besitzen. Das haben mittlerweile auch findige Abmahn-Anwälte erkannt – und verschicken munter Abmahnungen. Besonders gefährdet sind wohl die Nutzer des zurzeit boomenden Netzwerks Pinterest.
Pinterest ist ein Kunstwort, ein Mix aus Pinnwand und Interesse. Finden Nutzer etwas Interessantes im Netz, können sie das den anderen Mitgliedern im Netz sogleich zeigen – die Pinnwand als Nabelschau des eigenen Geschmacks. Mehr noch als Facebook bedient das aufstrebende Portal das Mitteilungsbedürfnis der Netzgemeinde. Weil die Profile meist öffentlich sind und Bilderbüchern gleichen.
„Pinterest ist eine einzige Urheberrechtsverletzung“
Mit wenigen Klicks können Nutzer nach der Anmeldung bei Pinterest ihre eigenen Interessen aus einer Vielzahl von Rubriken auswählen. Und ihre Fundstücke diesen Kategorien zuordnen. Gartenfreunde werden hier ebenso fündig wie Liebhaber guten Essens, moderner Kunst oder aber gelungener Inneneinrichtung. Wie bei Facebook lassen sich die auf die Pinnwand gestellten Fotos und Links mit eigenen Kommentaren versehen. Wer möchte, darf sich mit anderen Nutzern vernetzen – entweder per Freundschaft wie bei Facebook – oder einfach nur, indem er anderen Pinterest-Nutzern folgt – wie im GooglePlus-Netzwerk.
Pinterest ist eine Webseite, die sich aus anderen Internetseiten erstellen lässt. Mehr noch: Über ein spezielles Browser-Plugin können Nutzer jeder Webseite eine Empfehlung verpassen. Der Link dazu taucht sogleich auf der persönlichen Startseite von Pinterest auf – und das passende Bild gleich noch dazu.
Die Privatkopie ist in Deutschland nur für Musik und Filme erlaubt
„Doch in den wenigsten Fällen dürften die Nutzer das Recht dazu besitzen, diese Dinge auch weiterzuverbreiten“, sagt der bekannte Kölner Medienanwalt Christian Solmecke. Er warnt: „Pinterest ist eine einzige Urheberrechtsverletzung.“ Der Grund: Das deutsche Urheberrecht kennt zwar mittlerweile das Recht auf die sogenannte Privatkopie. Das gilt aber nur für Musik und Filme.
Sechsstellige Euro-Beträge gefordert
Wer allerdings bei Pinterest, Facebook und Co. ein Bild weiterverbreite und dazu kein Recht habe, weil bereits die Quelle illegal hochgeladen worden sei, mache sich angreifbar, sagt Solmecke. Dem Medienanwalt sind Fälle bekannt, wo Anwälte von Nutzern sechsstelliger Euro-Beträge fordern. Weil die Surfer urheberrechtlich geschützte Bilder kopiert und veröffentlicht haben.
Nicht anders sei das übrigens mit Fotos von der letzten Party. Wer nicht alle auf den Bildern abgebildete Personen frage, ob sie einer Veröffentlichung zustimmen, sei theoretisch auch abmahnfähig, sagt Solmecke. Bei Minderjährigen könnten sogar die Eltern einen Anwalt beauftragen, selbst wenn der Nachwuchs nichts gegen eine Veröffentlichung bei Facebook habe.
Für Solmecke liegt das Problem im deutschen Urheberrecht. Anders als in den USA, wo eine sogenannte Fair-use-Klausel die Weiterverbreitung urheberrechtlich geschützter Inhalte in einem bestimmten Rahmen billigt. Das deutsche Recht sei da viel strenger. „Wir sehen zurzeit die ersten Abmahnungen öffentlicher Profile“, sagt Solmecke. Zwar sei die Zahl der Mahnverfahren in Tauschbörsen noch immer weit höher, aber soziale Netzwerke gewönnen an Bedeutung. „1000 Euro für ein Foto, noch einmal 1000 für den Anwalt.“ Das seien durchaus realistische Forderungen.
Mit dem ACTA-Abkommen wurde eine Reform des Urheberrechts versäumt
Dabei sei eine Lösung des Problems noch nie greifbarer gewesen. Mit dem Handelsabkommen Acta habe es die Politik bislang allerdings versäumt, ein Recht auf private Weitergabe von Links und Netzinhalten auch international zu verankern. Und die größten Profiteure der millionenfachen Urheberrechtsverletzungen – Netzwerke wie Facebook und Pinterest – an der Entschädigung der Urheber zu beteiligen. Dabei sei es sehr einfach, eine entsprechende Verwertungsgesellschaft zu gründen, die einen Ausgleich schafft zwischen Urhebern und Nutzern. Solmeckes Vorschlag: Man könne beispielsweise den Internetanschluss mit einer kleinen Gebühr belegen, um die berechtigten Forderungen der Rechteinhaber zu begleichen. „So etwas gibt es ja auch bereits beim Verkauf von neuen Computern.“
Solange es eine solche Regelung nicht gebe, sollten Nutzer Sozialer Netzwerke allerdings auf der Hut sein. Die Tipps des Anwalts sind deshalb einfach: Wer sich unsicher sei, ob er die Rechte am Bild besitze, solle lieber von einer Veröffentlichung absehen. Habe er das Bild selber gemacht, müsse er alle darauf Abgebildeten um Erlaubnis fragen.
Bedenkenlos könnten Nutzer allerdings auf den Share-Button von Webseiten klicken, um deren Inhalt über Facebook weiterzuverbreiten, sagt Solmecke. „Der Button ist eine Lizenz zum Weiterverbreiten.“ Das sei ja ganz im Sinne des Urhebers.