Essen.
Die neue Anklage erreichte ihn im Essener Gefängnis. Dort las Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff, was ihm die Staatsanwaltschaft Bochum als weitere Untreue vorwirft: Die Zahlung von 800 000 Euro an die Universität von Oxford kurz vor seinem Ausscheiden sei eigenmächtig und nicht im Interesse des Konzerns gewesen.
Bernd Bienioßek, Sprecher der Bochumer Staatsanwaltschaft für Wirtschaftssachen, bestätigte gestern der NRZ, dass die neue Anklage beim Landgericht Essen erhoben wurde. Middelhoff war im November 2014 von diesem Gericht zu drei Jahren Haft verurteilt worden, weil er private Flüge und eine Festschrift durch den Essener Karstadt-Mutterkonzern Arcandor bezahlen ließ. Der 61-Jährige hat Revision gegen die Verurteilung eingelegt, sitzt aber in U-Haft.
Die neuen Vorwürfe basieren erneut auf Ermittlungen des Insolvenzverwalters; Arcandor hatte Mitte 2009 Konkurs angemeldet. Belastendes Material sicherte die Staatsanwaltschaft offenbar im Oktober 2010, als sie die Bielefelder Villa des ehemaligen Top-Managers durchsuchen ließ. Sein damaliger Verteidiger Sven Thomas hatte das in den Medien vorschnell als „Showveranstaltung der Staatsanwaltschaft“ bezeichnet. Der Anwalt hatte damals allerdings auch Vorwürfe wegen Middelhoffs Hubschrauberflügen als „absurd“ bezeichnet.
Im neuen Verfahren geht es um einen Sponsoring-Vertrag zwischen Arcandor und der britischen Universität aus dem Jahre 2008, als es dem Essener Konzern bereits schlecht ging. Weihnachts- und Urlaubsgelder bekam die Belegschaft schon nicht mehr. Middelhoff soll Anfang 2009 an seinem vorletzten Arbeitstag in Essen ohne Wissen des Aufsichtsrates die Überweisung von 800 000 Euro nach England abgezeichnet haben.
Die Staatsanwälte werten das als Untreue, weil es keine Gegenleistung für Arcandor gegeben habe. Middelhoff, der in einem Gremium der geförderten „Said Business School“ an der Uni Oxford saß, verteidigte 2010 das Engagement. Es sei ihm um englischsprachige Talente für das Unternehmen gegangen. Diese Argumentation hatte eine Zivilkammer des Essener Landgerichtes 2013 nicht überzeugt. Es verurteilte ihn zur Rückzahlung der 800 000 Euro.