Das Mendener Unternehmen hat das beste Geschäftsjahr seiner Geschichte hinter sich und – ohne Not – alle Verbindlichkeiten abgelöst.
Menden.
Bundes- und Landespolitiker füllen Sitzungspausen im Sommer gerne mit Touren und Treffen in lockerer Atmosphäre. Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Garrelt Duin nahm sich gestern ein Stück Sauerland vor und machte mittendrin bei Mendens größtem Arbeitgeber, OBO Bettermann, halt. Für Duin eine angenehme Premiere, denn Klagen über oder Forderungen an die Landespolitik bekam der Minister keineswegs zu hören. Im Gegenteil. Dem Unternehmen geht es glänzend. OBO Bettermann ist ziemlich kerngesund.
„Wir sind seit diesem Jahr tatsächlich zu einhundert Prozent schuldenfrei. Auch wenn das betriebswirtschaftlich eher unsinnig ist, es macht glücklich“, versichert CEO Andreas Bettermann dem Gast aus der Düsseldorfer Landesregierung.
Zu viel Korruption in Brasilien
Vor allem wohl Senior Ulrich Bettermann, denn für ihn hat das Thema eine Geschichte. Als er in den 70er-Jahren seine Verwandten aus der Firma auszahlen musste, hatte er den mittleren dreistelligen Millionenbetrag natürlich nicht in der Portokasse. „Es war damals eine schwierige Zeit“, sagt Ulrich Bettermann – und die Tonlage lässt erkennen, wie genau er sich daran noch erinnert. Es war also vermutlich das psychologische Momentum, das hier den Ausschlag gab, sich einmal komplett frei von Schulden zu machen. Die Kassenlage lässt dies allemal zu. Das abgelaufene Geschäftsjahr war das beste in der über einhundertjährigen Firmengeschichte. In den letzten zehn Jahren hat sich nicht nur der Umsatz auf mehr als eine halbe Milliarde Euro verdoppelt, sondern auch die Beschäftigtenzahl auf mittlerweile mehr als 3600.
Der Cash-Flow ist offenbar üppig und reicht für Expansionen, aktuell in Russland, wo im September ein neues Werk eröffnet werden soll, seit diesem Jahr hat OBO auch ein Vertriebsbüro im Iran. Ein noch sehr schwieriges Feld, findet Andreas Bettermann. Bei Russland ist der Vorstandsvorsitzende da viel optimistischer, trotz schlechter Erfahrungen in einem BRIC-Staat. „Unser Werk in Brasilien haben wir geschlossen, weil mein Sohn nicht ins Gefängnis wollte. Zuviel Korruption dort“, erklärt Ulrich Bettermann einigermaßen gelassen. Nebenbei bemerkt: In Kolumbien läuft es viel besser.
Bettermann ist auch in England vertreten. 2015 übernahm das Unternehmen dort die Firma Trench Birmingham. „Der Brexit macht sich deutlich bemerkbar“, sagt Andreas Bettermann. Die Baubranche auf der Insel bricht gerade ein. Gerechnet hat OBO nicht mit dem Brexit, stolpern werde man darüber aber auch nicht, versichert der Vorstandschef.
Wirtschaftsminister Duin folgt den Ausführungen aufmerksam: „Es ist eine absolut beeindruckende Geschichte, die Sie hier über Generationen hinlegen“, bemerkt er, um direkt die Frage nach der Zukunft anzuschließen: „Wie sieht es mit Innovationen aus? NRW ist Industrieland, wenn wir das bleiben wollen, schaffen wir das ja nicht mit Massenprodukten.“
Die Antwort klingt so pragmatisch wie einleuchtend: „Wir lernen vom Elektrohandwerk und entwickeln das, was die Handwerker wirklich brauchen“, erläutert Andreas Bettermann. Oft seien dies Produkte, die die Montage von Elektroinstallationen beschleunigen, weniger schicker Schnickschnack. Ein Team von 60 Leuten beschäftigt OBO in der Entwicklung. Im Schnitt fließen rund fünf Prozent der Gesamtinvestitionen in diesen Bereich.
Zwischenstopp mit Merz im Hangar
Ein bisschen Geld lässt sich Bettermann auch den eigenen Flugplatz Arnsberg-Menden kosten. Ein schmuckes Stück, das sich Minister Duin gemeinsam mit Ulrich Bettermann gerne noch ansieht – auch, um kurz Friedrich Merz zu treffen, dessen zweimotorige Popellermaschine dort im Hangar beheimatet ist. Ein halbes Stündchen Themen querbeet, vom Sinn und Unsinn so mancher Verkehrsflughäfen bis zur Energiepolitik, insbesondere den Lasten der EEG-Umlage für mittelständische Unternehmen. „Ich habe ja damals selber oft genug mitgestimmt“, bemerkt Friedrich Merz. Eine Idee für eine Entzerrung der Lasten gebe es schon, sagt Duin. Ein Thema für einen neuen, vermutlich weniger entspannten Tag.