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Immer mehr Kinos in NRW werden zu Luxus-Filmpalästen

Immer mehr Kinos in NRW werden zu Luxus-Filmpalästen

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Am 19.03.2014 stellt der Theaterleiter des Kölner Premium-Kinos Residenz sein Haus und den damit verbundenen Service vor. Im Bild: Service-Kraft Daniel Weidenfeld. Foto: Matthias Graben / WAZ-FotoPool Foto: Matthias Graben
Eine neue Sorte Kinos entsteht gerade in Deutschland. Sie wollen den Kinoabend auf den Standard eines Theaterbesuchs heben. Pläne gibt es dafür auch in Dortmund.

Köln/Dortmund. 

Kein Popcorn, nirgends. Eine ganze Generation Kinogänger wurde seit den frühen 1990er-Jahren dahingehend erzogen, dass Popcorn im Kino mindestens so wichtig ist wie, sagen wir, der Film – und jetzt das. Man kann sogar sagen: In diesem Kino ist „Kein Popcorn“ Programm.

„Es stinkt, es klebt, es macht Dreck und Flecken“, sagt Andreas Lünstroth etwas angewidert, der Theaterleiter des „Residenz“-Kinos in Köln. Kurzum: Es hat kein Niveau. Nachos gibt es daher auch nicht hier.

Denn das „Residenz“ gehört zu einer Handvoll Kinos in Deutschland, die gerade dabei sind, ihre eigene Marktlücke erst noch zu schaffen: mit Service, Gediegenheit und einem Hauch von Luxus. So klein und jung ist das Segment, dass es noch nicht einmal unter einem einheitlichen Namen haust: „Luxuskino“ sagen manche, „Premium-Kino“ andere oder „Fünf-Sterne-Kino“. Bisher gibt es sie in den üblichen verdächtigen Städten für Aufkommendes: in Berlin, München, Frankfurt, Köln – und Dortmund soll bald auch eines bekommen, doch davon später mehr.

Auch Opern sollen übertragen werden

Jedenfalls haben sie: Portier und Bar, Garderobe und Küche, chillige Musik, Ledersitze mit Abstand und Bedienung am Platz, bis der Film beginnt. Abgesehen von Technik und neuen Inhalten wie Opern-Übertragungen, ist das die erste Innovation im Kino, seit vor 25 Jahren die Multiplexe aufkamen.

Film plus Garderobe plus Begrüßungsgetränk kosten etwa in Köln zwischen 11 Euro (Parkett vor 16 Uhr) und 16 Euro (Loge nach 16 Uhr), das ist überschaubar mehr als im Multiplex bei Ihnen um die Ecke.

„Durch die Aufmachung und das ganze Drumherum greift wieder eher das Wort ,Filmtheater’ oder ,Lichtspielhaus“, sagt Lünstroth, der aus Dortmund stammt und die klassische Karriere vom Kartenverkäufer zum Theaterleiter hinter sich hat.

Umbau des alten Kinos für vier Millionen Euro

Als er „aufgeregt wie ein kleiner Junge“ herkam zum Bewerbungsgespräch und den großen Saal betrat, da „habe ich gefragt: Darf ich das bitte haben?“ Zahlen nennt der 36-Jährige praktisch nicht, aber vier Millionen Euro habe der Umbau des alten Kinos gekostet, „eine Million Euro sehen Sie und auf einer halben Million sitzen Sie“ – und auskömmlich scheint es jedenfalls zu sein.

Denn der Mann, der dahinter steht, macht mehr vom Gleichen. Es ist ausgerechnet Hans-Joachim Flebbe, der Gründer und langjährige Chef der Cinemaxx-Kette (und kurioserweise der Mann, der Nachos im Kino einführte. Sie bringen halt Geld. Persönlich soll er sie freilich immer gehasst haben, wird erzählt).

Längst ist der 63-Jährige weg bei Cinemaxx und überlegte mit Freunden, was man Neues ausprobieren könnte. Die Antwort war: Kino ohne Hektik, Gedrängel und Getöse im Foyer, Kino auf dem Niveau eines Theaterbesuches. So entstanden die Prototypen, und nun sucht man Bestandsimmobilien zur weiteren Verbreitung: Gern auch Säle in Hotels wie im „Bayrischen Hof“, der bereits ein solches Kino beherbergt.

Es gibt noch keinen Bauantrag für Dortmund

So ist Flebbe nun auch in Dortmund unterwegs, plant ein Kino für ein Gewerbegebiet im eher abgelegenen Vorort Brackel. „Wir wollen den Kinoabend zum Erlebnis machen,“, sagt Projektentwickler Reinhard Ortmann.

Im Mai wird der Rat einen Bebauungsplan beschließen. Allerdings hängen noch zwei ausgewachsene Haken im Weg: Es gibt keinen Bauantrag, nur eine Anfrage; und innerbetrieblich ist nicht ausdiskutiert, ob man ein neues Kino für Dortmund und sein östliches Hinterland wirklich in der Luxusklasse anpflanzen sollte.

Doch auch ohne Popcorn und Nachos: Man muss sich ins Premium-Kino durchaus nicht Bütterchen mitbringen. Die 13-seitige Karte umfasst Knabbereien, Käse- und Vorspeise-Platten, sie reicht von der Tasse Kaffee (2,80 Euro) über Pink Grapefruitsaftschorle (3,80) und Weizenbier (4,20) bis zu Cocktails und Weinen. Das Teuerste wäre dann die Flasche Dom Pérignon Vintage für 280 Euro. Muss dann aber auch ein guter Film sein.