Frankfurt/Main.
Geldwäsche wird in Deutschland zum Problem: Die Zahl von Strafverfahren in diesem Bereich steigt laut Bericht des Bundeskriminalamts ständig. Auch der CO2-Emissionshandel ist betroffen.
Geldwäsche wächst sich in Deutschland zu einem immer größeren Problem aus. Bundeskriminalamt (BKA) und Finanzaufsicht berichteten am Mittwoch in Frankfurt am Main von einer ständig wachsenden Zahl entsprechender Verdachtsanzeigen und Strafverfahren. Allein im vergangenen Jahr gab es bundesweit 9.046 derartiger Anzeigen nach dem Geldwäschegesetz, wie BKA-Präsident Jörg Ziercke auf einer Pressekonferenz berichtete. Das entspricht einer Steigerung von 23 Prozent. 98 Anzeigen bezogen sich auf Verdacht illegaler Terrorismusfinanzierung.
Wie Ziercke und der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Jochen Sanyo, sagten, stellen die Findigkeit der Kriminellen und die Abwicklung der Transaktionen über das Ausland sowie das Internet die Behörden vor immer neue Herausforderungen. Eine besonderes Problem sind demnach die für die Geldwäsche eingesetzten sogenannten Finanzagenten. Dabei handelt es sich meist um Personen, die angeworben werden, um ihre Privatkonto für Geldwäsche-Transaktionen zur Verfügung zu stellen. Zum Teil wickeln sie diese mit einer fingierten Bestellung von Waren ab, die in Wahrheit nie geliefert werden.
Die Beträge überweisen sie regelmäßig gegen Provision ins Ausland oder zur weiteren Verschleierung von Zahlungsvorgängen an andere Finanzagenten weiter. Angesichts mutmaßlicher Tatorte in 101 Staaten forderten Ziercke und Sanyo dringend eine noch stärkere internationale Zusammenarbeit zur Bekämpfung der Geldwäsche mit einheitlichen Standards. Nach ihren Angaben konnte 2009 in Deutschland bei 46 Prozent der Anzeigen wegen Geldwäsche der Verdacht einer Straftat erhärtet werden.
Auch CO2-Emissionshandel betroffen
Wie BKA-Präsident Ziercke erläuterte, waren im vergangenen Jahr über vier Prozent der Verfahren zu organisierter Kriminalität durch entsprechende Geldwäsche-Verdachtanzeigen ausgelöst worden. Nach seinen Angaben wird die Vorgehensweise der Täter dabei immer komplexer. So gehört inzwischen auch der Handel mit CO2-Emissionszertifikaten zum Instrumentarium, dazu gab es 2009 insgesamt 62 Verdachtsanzeigen. Und beim Goldhandel geht es laut Ziercke um Transaktionen von rund 60 Millionen Euro.
Sanyo verwies auf die gute Note, die die deutsche Finanzaufsicht von der internationalen Behörde für die Bekämpfung der Geldwäsche bekommen hat. Er räumte aber auch Lücken in dem zur Verfügung stehenden Instrumentarium ein. Zwar kann die BaFin im Extremfall den Geschäftsleiter eines Kreditinstituts bei schweren Mängeln in der Bekämpfung der Geldwäsche abberufen oder gar das Kreditinstitut schließen.
Aber bei den verhängten Bußgeldern in nicht ganz so extremen Fällen liege das Gros im unteren fünfstelligen Bereich. Und die Höchstsumme, die auch nur bei schweren Verstößen verhängt werden kann, betrage gerade einmal 100.000 Euro. Sein Wunsch nach schärferen Sanktionsmöglichkeiten wie im Ausland scheitere aber am deutschen Rechtssystem, das diese Bußgelder im Verwaltungsrecht ansiedelt, beklagte der Präsident der Finanzaufsicht.
Manchmal nur 10 Euro Provision für illegale Überweisung
Ziercke warnte die Bundesbürger, hochkriminellen Geldwäschern auf den Leim zu gehen. In Berlin sei eine Frau verurteilt worden, die gerade einmal 10 Euro Provision pro Geldüberweisung über ihr Privatkonto erhalten habe. Aber auch beim Ankauf von Handys und anderen Geräten dubioser Herkunft über das Internet ist nach den Worten des BKA-Präsidenten äußerste Vorsicht geboten.
Eine große Rolle bei Geldwäsche-Delikten spielen auch im Ausland erworbene Prepaid-Karten für Mobiltelefone, die nicht den strengen deutschen Überwachungsbestimmungen entsprechen. Zudem wird das „Phishing“, also das Ausspähen der PIN-Nummern von Geld- und Kreditkarten für kriminelle Zwecke zunehmend im Bereich der Geldwäsche genutzt.
Aufgrund all dieser Erfahrungen ist auch Ziercke selbst vorsichtig: Online-Banking macht der Präsident des Bundeskriminalamts nach eigenen Angaben lieber nicht.