Der Dortmunder Flughafen sieht „die Lasten der Vergangenheit ausgeräumt“ und sich im Aufwind. Grund sind das Okay für längere Betriebszeiten und die Genehmigung von Zuschüssen der Dortmunder Stadtwerke durch die EU-Wettbewerbshüter. Jetzt soll auch die Verlängerung der Startbahn wieder auf die Tagesordnung.
Dortmund.
Mit Schwebezuständen kennen sich Flughafenchefs schon von Berufs wegen aus. Auch, dass die Luft auf dem Weg nach oben ganz, ganz dünn werden kann, ist für jemanden, der täglich landende und startende Flugzeuge vor Augen hat, keine Überraschung.
Udo Mager, der Chef des Dortmunder Airports, kennt sie also, die sprachlichen Umschreibungen für die seit Jahren angespannte Lage des Landeplatzes im Osten des Reviers, der sich – auch als kleine Spitze gegenüber dem übergroßen Rivalen Düsseldorf – als „einziger internationaler Airport des Ruhrgebiets“ sieht.
Nun plötzlich ist der Druck gleich zweier Verfahren weg, die dem Flughafen die Luft zum Atmen nahmen. Und Udo Mager, der erst seit 13 Monaten auf dem Chefsessel des aktuell drittgrößten NRW-Airports sitzt, kann freudig verkünden: „Die Lasten der Vergangenheit sind ausgeräumt.“ Der Blick richte sich in die Zukunft. Mager: „Wir wollen wachsen.“ Auch die Verlängerung der Startbahn um 300 Meter soll wieder auf die Tagesordnung.
Flughafen produzierte Schulden über Schulden
Magers Vorgänger hatten da noch ganz andere Sorgen. Seit seinem Ausbau zum internationalen Landeplatz vor 14 Jahren produzierte die „Startbahn Ruhrgebiet“ Schulden über Schulden. In die Enge getrieben von hartnäckigen Fluglärmaktivisten, Brüsseler Wettbewerbshütern und einer gespaltenen Lokalpolitik entwickelte sich die knapp 90 Jahre alte Flughafengesellschaft zum Zankapfel des östlichen Ruhrgebiets. Sogar die Angst vor einer Insolvenz der stadteigenen Gesellschaft machte die Runde. Doch innerhalb nur zweier Monate wendete sich das Blatt – für viele überraschend.
Erst gab im Mai das Land NRW grünes Licht für längere Betriebszeiten. Flieger dürfen in Dortmund jetzt bis 23 Uhr und damit eine Stunde länger starten und landen als bisher. Im Juli dann der Brüsseler Befreiungsschlag: Die EU-Kommission genehmigte die Verlustübernahme des Dauerdefizits durch den Dortmunder Stadtwerkekonzern und erklärte Dortmund zum Airport, der „eine echte Nachfrage im Ruhrgebiet bedient und dessen Anbindung verbessert.“
Betriebszeiten verlängert
Beide Ereignisse läuten für den Flughafen eine neue Ära ein. „Die Betriebszeitenverlängerung hat einen echten Wettbewerbsnachteil ausgeräumt“, sagt Mager. Erstmals überhaupt können Airlines vier statt drei so genannter Umläufe für Ziele von Dortmund aus einplanen.
Dadurch soll Dortmund wieder zum Heimatflughafen dort stationierter Maschinen werden. Erste Effekte erwartet Mager ab Sommer 2015. Den möglichen Zuwachs beziffert er auf jährlich rund 260 000 zusätzliche Fluggäste pro stationierter Maschine. Zum Vergleich: 2013 kam Dortmund auf knapp 1,9 Millionen Passagiere. Ausgelegt ist der Flughafen für bis zu 3,5 Millionen Fluggäste.
Schwerpunkt Osteuropa und Balkan
Die neuen Flugzeiten wertet Mager als Signal an die Branche. Manche Airlines hatten um Dortmund einen Bogen gemacht, weil sich das Zeitfenster für die späte Landung zu früh schloss. Neben Germanwings, Ryanair, Air Berlin und einigen kleineren Gesellschaften ist daher die kaum bekannte Wizz Air Platzhirsch.
Gut die Hälfte der Dortmunder Fluggäste besteigen die himbeer-weiß lackierten Maschinen der Ungarn, die unter anderem Richtung Kattowitz, Skopje, Belgrad und Kiew abheben. Der Osteuropa- und Balkanverkehr wurde so zum Alleinstellungsmerkmal des Flughafens – auch wenn Kritiker spötteln, von Dortmund gehe es jetzt in die Walachei. Bald soll mit Turkish Airlines ein ganz dicker Fisch an der Angel hängen. Werbepartner für Borussia Dortmund ist der halbstaatliche Milliarden-Konzern mit Sitz in Istanbul bereits.
Ein Problem hat der Flughafen noch. Die EU schrieb ihm ins Stammbuch, dass das operative Defizit binnen der nächsten zehn Jahre abgebaut werden muss. Heißt: Der Flughafen muss bis 2023 sein Jahresminus um drei Millionen Euro herunterschrauben. Mager glaubt das schaffen zu können – ohne Arbeitsplatzabbau.