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EU will die Stahlindustrie stärken

EU will die Stahlindustrie stärken

Brüssel. 

Angesichts der Krisenstimmung in der Stahlbranche bastelt die EU-Kommission an einem Plan zur Stärkung der heimischen Industrie. „Unsere Verteidigungswerkzeuge müssen modernisiert werden“, heißt es in einem Strategie-Papier, das am morgigen Mittwoch offiziell vorgestellt wird. So will Brüssel die Strafzölle etwa gegen China stärker am tatsächlichen Ausmaß des jeweiligen Dumpings orientieren. Dafür müsste die EU zusätzliche Ausnahmen von der „Regel des geringsten Zolls“ in Anspruch nehmen, die den Spielraum für die Höhe des Strafzolls begrenzt. Das entspräche einer Forderung der Industrie. Sie kritisiert, dass die EU auf chinesische Dumpingspannen von bis zu 60 Prozent mit Strafzöllen unter 20 Prozent reagiert und damit keine Abschreckung erreicht.

Die Dumping-Effekte und –Schäden sollen aber nicht nur realistischer berechnet, sondern auch schneller festgestellt werden, damit Gegenmaßnahmen ebenfalls rascher verhängt werden können. In diesem Zusammenhang will Brüssel auch das Zusammenwirken zwischen der EU-Zentrale und den Mitgliedstaaten beschleunigen. Diese wollen allerdings der Kommission bisher keine zusätzlichen Befugnisse zugestehen.

China sitzt auf Überkapazitäten von 325 Millionen Tonnen – das Doppelte der gesamten US-Jahresproduktion. Binnen drei Jahren haben die Chinesen die Menge ihres auf dem europäischen Markt verkauften Stahls mehr als verdoppelt. Die Preise für einzelne Produkte verfielen hingegen um bis zu 40 Prozent. Zugleich werden die Sitten auf dem Weltmarkt rauer, weil mehr Staaten ihr Heil in Abschottung suchen.

Eine Verschärfung der Lage droht, wenn die Volksrepublik zum Jahreswechsel in der Welthandelsorganisation den Status einer Marktwirtschaft zuerkannt bekommt. Ob und in welchem Umfang Dumping vorliegt, wird dann nicht mehr durch Vergleich mit Preisen in Drittstaaten ermittelt, sondern im innerchinesischen Markt. Damit wird der Nachweis schwieriger und aufwändiger.

Angesichts des Zeitdrucks mahnt die Kommission die Mitgliedstaaten, bereits auf dem Tisch liegende Vorschläge für ein schlagkräftigeres Antidumping-System endlich zu verabschieden: „Es wird höchste Zeit, jetzt die Rhetorik durch Taten zu ergänzen“, heißt es.

Im Februar hatten mehrere Tausend Stahlarbeiter in Brüssel gegen Wettbewerbsnachteile für die Branche in Europa demonstriert. Auch die Wirtschaftsvereinigung Stahl beklagt, dass die Chinesen massenhaft billigen Stahl auf den europäischen Markt werfen.

Emissionshandel vor Verschärfung

Deutsche Hersteller wie Thyssen-Krupp warnen die EU-Kommission aber vor allem davor, den Emissionshandel, wie von Brüssel geplant, zu verschärfen. Sie sehen darin die Hauptgefahr für ihr Geschäftsmodell. Die EU will Klimazertifikate vom Markt nehmen und so verteuern, damit sie für die Industrie zum echten Anreiz werden, weniger CO2 auszustoßen. Auf die Konzerne kämen hohe Mehrkosten zu – nach Schätzung von Stahlpräsident Hans Jürgen Kerkhoff drohen der Stahlindustrie in Deutschland zwischen 2021 und 2030 Belastungen von zehn Milliarden Euro.

Thyssen-Krupp-Chef Heinrich Hiesinger sieht den Stahlstandort Duisburg gefährdet, sollte Brüssel unverändert an diesen Plänen festhalten. Darauf hat er mehrfach hingewiesen. Ein Entgegenkommen der EU-Kommission in der Klimafrage zeichnet sich derzeit aber offenbar nicht ab.