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Das Kraftwerk wird zum Auslaufmodell

Das Kraftwerk wird zum Auslaufmodell

Essen. 

Kraftwerke in Gelsenkirchen und Duisburg stehen ebenso auf der Liste wie Anlagen in Hagen, Herdecke und Herne. Die großen vier Energiekonzerne Eon, RWE, EnBW und Vattenfall haben Anträge gestellt, aber auch regionale Unternehmen wie der südwestfälische Versorger Mark-E. Ein bundesweiter Trend lässt sich an der offiziellen Statistik ablesen: Deutschlands Stromkonzerne wollen mehr und mehr Kraftwerke stilllegen. Die Zahl der Stilllegungsanzeigen bei der zuständigen Bundesnetzagentur ist seit Jahresbeginn um neun auf nun 57 Kraftwerke gestiegen.

„Der voranschreitende Ausbau der erneuerbaren Energien nimmt den konventionellen Kraftwerken zunehmend Einsatzzeiten, gleichzeitig befinden sich die Großhandelspreise für Strom seit geraumer Zeit auf Talfahrt“, heißt es beim Essener Energieversorger RWE. Fünf Kraftwerksblöcke des Konzerns befinden sich auf der Stilllegungsliste – betroffen sind das Gersteinwerk in Werne (Steinkohle) und der Standort Goldenberg in Hürth (Braunkohle). Entsprechende Pläne hatte RWE bereits vor einem Jahr veröffentlicht.

Wie RWE beobachtet auch Eon die Entwicklung aufmerksam. „Wir überprüfen laufend die Wirtschaftlichkeit unserer Kraftwerke“, wird beim Branchenriesen betont. „Wir werden keine Kraftwerke betreiben, die dauerhaft unwirtschaftlich sind.“ Wenn Kraftwerksbetreiber eine Anlage vom Netz nehmen wollen, müssen sie diesen Schritt ein Jahr im Voraus ankündigen. Die Netzagentur prüft, ob die zur Stilllegung angemeldeten Blöcke für die Versorgungssicherheit systemrelevant sind. Sollte dies so sein, kann die Behörde eine Abschaltung verhindern, wie es beispielsweise in Süddeutschland beim Eon-Kraftwerk Irsching geschehen ist. In diesem Fall bekommt das Unternehmen eine Art Entschädigung, die Deutschlands Verbraucher über die Stromrechnung finanzieren.

Neu auf der Stilllegungsliste der Bundesnetzagentur sind unter anderem Anlagen des Hagener Versorgers Mark-E (Enervie) – nämlich der Steinkohleblock „E4“ des Kraftwerks Werdohl-Elverlingsen sowie die gasbetriebenen Blöcke „H4/H5“ des Heizkraftwerks Hagen-Kabel und „H6“ des Heizkraftwerks Herdecke. Diese Anlagen seien allerdings von der Netzagentur als vorübergehend systemrelevant eingestuft worden, berichtet Unternehmenssprecher Andreas Köster. Derzeit laufen Arbeiten am Stromverteilnetz. Ende des Jahres sollen die Kraftwerke nicht mehr zwingend für eine stabile Stromversorgung in der Region erforderlich sein.

Die Enervie-Tochter hatte schon im Herbst 2013 alle konzerneigenen konventionellen Kraftwerksblöcke mit rund 1300 Megawatt Gesamtleistung zur Stilllegung angemeldet. „Grund ist die derzeitige massive Fehlsteuerung der Energiemärkte, die einen wirtschaftlichen Betrieb konventioneller Steinkohle- und Gaskraftwerke nicht zulässt“, wird bei Mark-E betont.

Steag setzt weiter auf die Steinkohle

Auch zwei Anlagen des Essener Kraftwerksbetreibers Steag tauchen auf der Liste der Netzagentur auf: Block 2 des Steinkohlekraftwerk in Herne und Block 7 in Duisburg-Walsum. Die Anlagen werden Unternehmensangaben zufolge „als Kaltreserve nicht mehr benötigt“. Grundsätzlich präsentiert sich der Kraftwerkskonzern aber mit Blick auf seine Steinkohle-Blöcke recht optimistisch. Zuletzt habe sich gezeigt, „dass nicht Gaskraftwerke, sondern Steinkohlekraftwerke mit größtmöglicher Flexibilität auf die schwankende Einspeisung von Strom aus Sonnen- und Windenergie reagieren können“, heißt es bei der Steag. Vor diesem Hintergrund sehe das Unternehmen – im Gegensatz zu Konkurrenten – derzeit auch keinen Anlass, Beschlüsse über Stilllegungen zu fassen.

Die Bundesregierung betont, dass die Kapazitäten bei der Energieversorgung völlig ausreichend seien. Vielmehr gebe es in Deutschland und europaweit sogar Überkapazitäten, heißt es im Wirtschaftsministerium. Die Versorgungssicherheit sei auch im kommenden Winter gewährleistet – selbst in kritischen Situationen.