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Billigschuhe haben einen Lauf

Billigschuhe haben einen Lauf

Essen. 

Wie viel ist ein guter Laufschuh wert? Ein Blick in die Geschäfte lehrt: 100 bis 150 Euro. Für einen Nike, Adidas oder Asics. Aber: Wie viel kostet es, solche Schuhe zu produzieren? Es ist weniger, als man denkt. Erstens ist das Material billig. Und zweitens werden Laufschuhe in Ländern gefertigt, in denen die Löhne niedrig sind – meist Vietnam oder China. So kann es sein, dass hochpreisige Schuhe für Europa in Asien für zehn Euro hergestellt werden.

Er ist der deutsche Sportschuh-Forscher: Ewald Hennig trennt seit 30 Jahren gute Schuhe von schlechten. Der Professor aus Essen hat für Weltkonzerne geforscht und für die Stiftung Warentest getestet: Edeltreter, Billigsohlen, weiche und harte, stabile und wackelige. Inzwischen ist Hennig zu der Erkenntnis gekommen: „Laufschuhe sind durchentwickelt.“ Heißt: Alle großen Hersteller wissen, wie man einen guten Schuh macht. Wichtige Eigenschaften wie Stützfunktion und die Dämpfung werden berücksichtigt. „So sind Pronationsstützen, die ein starkes Einknicken vermeiden, heute Standard“, so der Professor.

Der letzte Laufschuh-Vergleich der Stiftung Warentest, durchgeführt von Ewald Hennig, liegt fünf Jahre zurück. Damals galt: „Billigschuhe hinken hinterher“. Adidas, Asics, Nike waren die Sieger, Discounter-Schuhe die Verlierer.

Kurz nach dem Test suchten Aldi und Aldis Zwischenhändler Isa Traesko aus Neumünster Kontakt zu Hennig. Der Auftrag: Hilf uns, einen guten Schuh zu entwickeln. Hennig zufolge ist das mit diesem 25-Euro-Schuh für Aldi gelungen: „Wir liegen zwischen den Werten der Spitzen-Produkte.“ Die Augenhöhe mit den Großen sei erreicht. Nur über die Haltbarkeit wissen die Forscher noch nicht viel. Üblicherweise, so Hennig, können Laufschuhe mindestens 1000 Kilometer getragen werden, ohne dass es zu einer starken Verschlechterung der Eigenschaften kommt.

Kein Unterschied bei Lohnkosten

Wie viel aber ist ein Laufschuh eigentlich wert? Hennig erzählt von Fabriken in Asien, die neben-einander auf verschiedenen Bändern unterschiedliche Marken produzieren. Materialkosten für ein Paar Schuhe: „Drei bis vier Euro“, schätzt Hennig. Sandra Dusch von der Hilfsorganisation Christliche Initiative Romero (CIR) spricht von Hungerlöhnen: „Der Lohnkosten-Anteil liegt zwischen einem und vier Prozent des Verkaufspreises.“ Ganz gleich übrigens, ob es sich um eine Edelmarke oder ein No-Name-Produkt handelt. Dusch berichtet von asiatischen „Schwitzbuden“, in denen Arbeiterinnen ohne ausreichende Belüftung und Schutzkleidung Schuhe am Fließband herstellen.

Die Stiftung Warentest hatte 2009 auch das soziale und ökologische Engagement (Corporate Social Responsibility, CSR) bewertet. Dabei schnitten Adidas und Reebok gut, Deichmann, Lidl und Karstadt hingegen schlecht ab. Nike, Asics und Aldi vermieden damals jede Auskunft über CSR.

Inzwischen sind die meisten Anbieter von Laufschuhen bemüht, auf ihr soziales Gewissen hinzuweisen. Isa Traesko, Lieferant für Aldi, wirbt damit, den Grundsätzen der BSCI („Business Social Compliance Initiative“) zu folgen. Dazu gehören: „Korrekte Arbeitsbedingungen.“ Adidas/Reebok sowie Puma sind Mitglied in der „Fair Labor Association“ (FLA). Sandra Dusch attestiert der FLA deutlich höhere Standards als der BSCI, was die Arbeitsbedingungen in den Schuhfabriken betrifft.

Ewald Hennig sieht das Engagement seines Instituts an der Uni Duisburg Essen für Aldi/Isa Traesko als „gute Ressource für Forschungsgelder“. Mit dieser „Drittmittel-Quelle“ würden zum Beispiel Doktoranden und ihre Forschungsprojekte bezahlt.