Opel schließt die Autoproduktion in Bochum, VW will sparen – damit wächst der Druck auf die Autozuliefer-Betriebe. Beim US-Unternehmen Johnson Controls herrscht ohnehin Unruhe. Die Werke in Bochum, Wuppertal und Grefrath sind in Gefahr. Es geht um fast 1400 Arbeitsplätze.
Bochum.
Sorge um Arbeitsplätze in der Autoindustrie: Die bevorstehende Werksschließung von Opel in Bochum und das Sparprogramm von VW sorgen für Unruhe bei den Zulieferbetrieben.
Besonders angespannt ist die Lage beim US-Konzern Johnson Controls, der über mehrere Werke in NRW verfügt – unter anderem in Bochum, Wuppertal und Grefrath. „Es sieht so aus, als wolle sich Johnson Controls zunehmend aus dem Autozuliefer-Geschäft zurückziehen“, sagte Dietmar Kupfer, Betriebsratschef von Johnson Controls in Bochum, im Gespräch mit dieser Zeitung.
Seit Jahren hat Johnson Controls Autositze für das benachbarte Opel-Werk produziert. Außerdem beliefert das Unternehmen vom Ruhrgebiet aus den Autobauer Ford, der in Köln das Modell Fiesta herstellt. Doch bei Opel in Bochum wird die Autoproduktion zum Jahresende eingestellt – und Ford will aller Voraussicht nach ab April 2017 auf die Sitze aus dem Ruhrgebiet verzichten.
„Opel hat etwa zwei Fünftel des Auftragsvolumens ausgemacht. Drei Fünftel liegen bei Ford“, berichtet Kupfer. „Uns steht eine ungewisse Zukunft bevor. Wenn es über das Jahr 2017 hinaus keine Folgeaufträge gibt, steht das Werk vor dem Aus.“ Sein Appell: „Wir würden uns mehr Engagement der Unternehmensführung im Bemühen um Folgeaufträge wünschen.“ In früheren Zeiten zählte das Werk in Bochum rund 700 Arbeitsplätze, nun seien es 580. „Durch den Wegfall der Produktion von Opel in Bochum sind 108 Beschäftigte von betriebsbedingten Kündigungen bedroht“, sagt der Betriebsrat. Es sei zu befürchten, dass weitere Stellen auf der Kippe stehen.
Verlagerungen ins Ausland möglich
„Es geht nicht nur um den Standort Bochum“, betont Kupfer. „Auch die Standorte in Wuppertal und Grefrath sind von der Schließung im Jahr 2015 bedroht. Auch hier geht es wohl jeweils um etwa 400 Arbeitsplätze.“ An den drei Standorten von Johnson Controls seien also insgesamt fast 1400 Jobs in Gefahr.
Auch weitere Automobilzulieferer müssen sich auf harte Zeiten einstellen. Das angekündigte Sparprogramm des Branchenriesen VW wird nach Einschätzung des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen tiefe Spuren in der Branche hinterlassen. Die Kosten der Marke VW sollen um fünf Milliarden Euro sinken – pro Jahr. Ein typischer mittelständischer Autozulieferer erziele mit dem Kunden Volkswagen einen beträchtlichen Teil seines Umsatzes. Damit seien viele Zulieferer dem Konzern mit seinen Einsparforderungen „ausgeliefert“, urteilt Dudenhöffer. Zahlreiche Betriebe seien „mittelfristig in ihrer Existenz oder Selbstständigkeit“ bedroht.
„Es gibt viele Industrien, auch die Automobilzulieferer, die aktiv ins Ausland verlagert haben“, hat Daimler-Personalvorstand Wilfried Porth unlängst gesagt. Dudenhöffer vermutet, die Pläne von VW könnten „eine neue Verlagerungswelle anschieben“.
„Man darf sich nicht nur den eigenen Stall angucken“
Allein in NRW gebe es derzeit rund 200 mittelständische Autozulieferer mit etwa 40.000 Beschäftigten, sagt Dudenhöffer. „Das VW-Sparprogramm hat damit direkte Auswirkungen auf NRW.“ Ohnehin stehe die Branche an Rhein und Ruhr unter Druck, sagt er mit Hinweis auf Opel, die beschlossene Kurzarbeit bei Ford in Köln und die geplanten Kürzungen am Mercedes-Standort in Düsseldorf.
Ähnlich äußert sich Dietmar Kupfer, der Bochumer Betriebsratschef von Johnson Controls. „In Bochum fällt Opel weg, außerdem das Stahlwerk von Outokumpu. Es werden ganze Produktionsketten zerschlagen. Das bereitet uns große Sorgen“, sagt er. „Man darf sich nicht nur den eigenen Stall angucken, wenn man den Bauernhof retten will.“