Mitglied im ADAC zu sein, sichert einem nicht automatisch die schnellstmögliche Hilfe bei einer Autopanne zu. Laut eines Medienberichts behandeln die „Gelben Engel“ bestimmte Automarken bevorzugt. Der Automobilclub wehrt sich gegen die Vorwürfe.
Essen.
Der ADAC wirbt damit, dass seine „Gelben Engel“ schnell und zuverlässig zur Stelle sind, wenn eines ihrer Mitglieder mit dem Auto liegen bleibt. Doch die Mitgliedschaft allein scheint nicht auszureichen, um den bestmöglichen Service zu erhalten. In der Süddeutschen Zeitung kommen ehemalige Mitarbeiter der Automobilclubs zu Wort, die schwere Anschuldigungen erheben: Der ADAC soll demnach bei seinem Kerngeschäft, der Pannenhilfe, systematisch Besitzer bestimmter Automarken bevorzugen. Der Automobilclub bestreitet diese Vorwürfe.
„Mobilitätsgarantie“ bringt kürzere Wartezeiten
ADAC-Insider berichten, dass ADAC-Mitglieder, selbst gehobene ADAC-Plus-Mitglieder länger auf Pannenhelfer warten müssten, weil zunächst diejenigen bedient würden, die unabhängig vom ADAC bei ihrem Autohersteller eine „Mobilitätsgarantie“ gebucht hätten. Ein ehemaliger Disponent eines Pannenhilfe-Callcenters, welches die Einsätze in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg organisiert, berichtet, wie die Verteilung der „Gelben Engel“ vor sich ging. Er musste den Helfern die Pannen zuordnen. Wenn es viele Einsätze auf einmal gab, galt die Vergaberegel, dass Autofahrer mit einer „Mobilitätsgarantie“ zuerst versorgt werden – noch vor den zahlenden Mitgliedern des ADAC, die womöglich auch schon langer warteten. Laut ADAC betragen die Wartezeiten im Schnitt 41 Minuten.
Diese sogenannte Assistance-Leistung erbringe der ADAC für zahlreiche Hersteller wie Ford, Opel, Nissan, Honda, Kia, Hyundai, Citroën, Peugeot, Mercedes-Benz, Volvo, Jaguar, Chevrolet, Smart und Range Rover. Wenn einer dieser Kunden eine Panne hat, ruft er die Servicehotline seines Autohändlers an. Von dort wird der Auftrag weiter an ein Pannenhilfe-Center des ADAC geleitet, dass Pannenhelfer losschickt. Der ehemalige Disponent sagt im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung: „Normale oder ADAC-Plus-Mitglieder mussten warten, wenn wir gleichzeitig Assistance-Kunden mit derselben Dringlichkeit reinbekamen.“
Kunden zweiter Klasse
ADAC-Mitglieder müssten demnach häufiger auf den – von ihnen finanzierten Service – warten. Denn, der gesamte Pannenservice wird über Mitgliederbeiträge finanziert. Und doch bevorzugt der ADAC Großkunden. Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Automobilwirtschaft an der Universität Essen-Duisburg folgert daraus: „Das würde den Verein entlarven als Organisation, die knallhart Profitinteressen verfolgt. Die Mitglieder werden gezählt und als Druckmittel eingesetzt, als Kunden wären sie dann aber offenbar nur Kunden zweiter Klasse.“
Ein ehemaliger „Gelber Engel“, der ebenfalls anonym bleiben möchte, untermauert die Vorwürfe in der Süddeutschen Zeitung. Ihm zufolge erhielten Assistance-Kunden intern den „Code 07“: „Die Dienstanweisung war ganz klar, dass Pannen 07 bevorzugt zu behandeln sind.“
Laut ADAC keine Bevorzugung einzelner Kunden
Der Club wies die Vorwürfe zurück: „Bei uns gibt es keine Kunden erster oder zweiter Klasse“, bekräftigte ein Sprecher am Mittwoch. Die Pannenhilfe werde unabhängig vom Kundenstatus gewährt, die Abarbeitung der Aufträge folge dem Eingang der Anrufe. Es gebe nur eine Ausnahme von der Regel, erklärte der ADAC-Sprecher: „Das sind Notfälle oder wenn etwa kleine Kinder betroffen sind.“
Eine Unterscheidung nach dem Status der Pannenopfer gebe es aber nicht, so der Automobilclub. Laut Zeitung hatten zwei Mitarbeiter des ADAC berichtet, der Club würde Anrufer bevorzugen, deren Auto über eine Mobilitätsgarantie des Herstellers abgesichert sei.
Der Autoclub arbeitet in diesen Fällen als Dienstleister für etliche Autokonzerne. Die Idee: Autobauer bieten Neuwagenkäufern häufig Garantiepakete an, in denen die Pannenhilfe enthalten ist.
ADAC: Garantieleistungen fließen nicht in die Pannenstatistik ein
Manche Hersteller betreiben dazu einen eigenen Pannenservice, andere nutzen Dienstleister wie den ADAC. Verträge hat der Club unter anderem mit Opel, Ford oder Volvo. Wie groß der Anteil der Garantiepannen an der Gesamtzahl der Pannen ist, war zunächst nicht zu erfahren.
Pannen, die über Garantieleistungen gezählt werden, fließen nicht in die Pannenstatistik des Clubs ein. Das wird seit Jahren von manchen Experten kritisch gesehen.
Der ADAC verteidigt hingegen die Praxis als statistisch saubere Variante, gerade weil man eigene Geschäfte von der Statistik trennen wolle. Auch andere Pannen werden nicht eingerechnet – etwa solche, die von Vertragspartnern des ADAC behoben werden, oder solche, die auf Bedienfehler zurückgehen. Nur Fälle, die ADAC-Mitglieder über die Club-Nummer melden und die auch von ADAC-Helfern bearbeitet werden, gelangen in das Zahlenwerk. (mit dpa)