Der Energiekonzern Eon will bis 2016 6000 Arbeitsplätze in Deutschland abbauen. Dabei sollen betriebsbedingte Kündigungen „weitgehend“ vermieden werden. Eon will den Mitarbeitern das Ausscheiden mit Prämien „versüßen“. Dennoch ist der Betriebsrat skeptisch, ob Eon sein Ziel erreichen wird.
Essen.
Der Rahmen für den größten Stellenabbau in der Geschichte des Energiekonzerns Eon ist gesetzt. 6000 Arbeitsplätze sollen sozialverträglich in Deutschland verschwinden. Das vereinbarten Konzern und Gewerkschaften in ihrem Tarifvertrag, der bis 2016 gültig ist. Doch noch ist offen, wie das Bild in diesem Rahmen aussehen wird.
Das beginnt schon bei der Zahl von 6000. Der Konzernbetriebsratsvorsitzende Hans Prüfer kann sich mit ihr jedenfalls nicht anfreunden. „Wir haben diese 6000 niemals anerkannt. Eon muss erst beweisen, ob dieser Umfang überhaupt nötig ist“, relativiert Prüfer den Begriff Einigung. Schließlich müsse im technischen Bereich der Betrieb aufrecht erhalten werden. Spannend sei auch die Frage, wie viele Mitarbeiter sich freiwillig zu einem Ausscheiden entschließen. Prüfer betonte erneut, dass betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen seien. Allerdings findet sich in der offiziellen Mitteilung das Wort „weitgehend“.
Eon lockt mit „Sprinterprämie“
Das Gesamtpaket für ein freiwilliges Ausscheiden ist geschnürt. Wer seine Unterschrift unter einen Aufhebungsvertrag setzt, erhält 1,2 Monatsgehälter Abfindung für jedes Beschäftigungsjahr, darüber hinaus winkt Eon mit einer so genannten „Sprinterprämie“. Dahinter verbergen sich weitere 0,3 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr. Das Besondere: Im Gegensatz zu anderen Firmen, die diese Prämie nur jenen zahlen, die sich in einem bestimmten Zeitraum entscheiden, hat Eon kein Zeitlimit eingebaut.
Daneben besteht für alle Beschäftigten, die Jahrgang 1958 oder älter sind, die Möglichkeit des Vorruhestands – bei Weiterzahlung von etwa 60 Prozent des Nettogehalts bis zum 63. Lebensjahr. Anschließend folgt der Schritt in die Rente mit den entsprechenden Abschlägen. Darüber hinaus wird eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft gebildet, in die Angestellte für zwei Jahre bei vollem Tarifgehalt wechseln können.
Regelungen für Härtefälle noch offen
Offen seien die Regelungen für Härtefälle, so Prüfer. Wer trägt Kosten für Umzug oder zusätzliche Mietausgaben. Wie berichtet, sollen Eon-Kollegen aus München in die Essener Ruhrgaszentrale ziehen.
Das harte Ringen mit den Arbeitnehmervertretern hat für Eon seinen Preis. Die Kosten für das komplette Programm werden auf über eine Milliarde Euro taxiert, dafür kann der Konzern seine selbst beeinflussbaren Kosten von elf auf neuneinhalb Milliarden Euro drücken.
Doch „Eon 2.0“, so der Titel des Sparprogramms, birgt abseits der reinen Finanzierung Risiken sowohl für die Angestellten als auch für Eon selbst.
So stellt sich die Frage, ob die Beschäftigungsgesellschaft ihren Sinn erfüllt, Menschen von Arbeit in Arbeit zu bringen. Gerhard Bosch von der Uni Duisburg-Essen untersucht seit Jahren die Wirkung solcher Gesellschaften. Entscheidend für einen Erfolg sei die Auswahl der Mitarbeiter. Wer gut qualifiziert sei, habe bessere Chancen auf einen neuen Job. Außerdem sei wichtig, dass die Vermittlung professionell geschehe und Eon selbst sich engagiere.
Stellenabbau bricht einen „psychologischen Vertrag“
Marc Solga, Wirtschaftspsychologe an der Ruhr-Universität Bochum, sieht unter anderem die Gefahr, dass mit dem Ausscheiden älterer und damit erfahrener Mitarbeiter Wissen verloren geht. Doch Solga sieht noch ein weiteres Risiko. So hätten Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen einen „psychologischen Vertrag“. Für ihren Einsatz, etwa Überstunden, erhalten sie Wertschätzung und Arbeitsplatzsicherheit. Bei einem Veränderungsprozess wie ihn Eon durchmache, seien die Angestellten sehr sensibel, wie fair das Unternehmen mit ihnen umgehe. Ein Stellenabbau breche diesen Vertrag. „Das kann zu innerer Kündigung führen, in der Konsequenz verliert ein Unternehmen an Leistungsfähigkeit“, schildert Solga seine Erfahrungen aus Beratungen für zahlreiche Firmen.
Hans Prüfer sieht durch das ramponierte Eon-Image Probleme, später wieder Nachwuchs zu rekrutieren. „Das kommt dabei raus, wenn man nur Köpfe zählt.“