Michael von Tettau, Schulleiter des „Bertha“ sowie Deutsch- und Politiklehrer, sieht beim Abitur nach 12 Jahren noch sehr viel Verbesserungsbedarf und spricht bei der bisherigen Umsetzung von Flickschusterei. „So wie das Konstrukt derzeit ist, stehe ich nicht hinter G8.“ Er sieht drei große Problemfelder.
Engpässe an Universitäten
Ein Fehler im G8-Modell sei etwa, in der Mittelstufe eine Klasse zu streichen. „Ich würde anstatt der zehnten Klasse lieber die elfte Klasse wegfallen lassen.“ So könnte der Klassenverband ein Jahr länger zusammenbleiben, zudem gäbe es für mehr Schüler die Möglichkeit, nach der zehnten Klasse die mittlere Reife zu erlangen.
Die Universitäten sieht er schlecht vorbereitet auf den doppelten Abiturjahrgang. „Es wird uns noch wundern, wie viele Abiturienten abgewiesen werden.“ Von Tettau spricht darum von Zynismus und sieht Äußerungen von NRW-Schulministerin Löhrmann kritisch, wonach alle Schüler einen Studienplatz finden würden.
Der Schulleiter sieht außerdem das Problem der Stoffverdichtung. „Bildung sehe ich nicht nur als reine Ausbildung, sondern als Allgemeinbildung. Es geht darum, dass die Schüler mündige Bürger werden.“ Die Jugendlichen werden seiner Ansicht nach zu sehr darauf gepolt, einfach ein Fach zu bestehen. Die Auseinandersetzung mit dem Unterrichtsstoff und das Hinterfragen würde zu kurz kommen.
Beratungslehrerin Katrin Lübke, die zudem Englisch und Russisch unterrichtet, kann diesen Punkt bestätigen. „In Englisch merkte man in vielen Situationen, dass die Schüler noch ein Jahr zu jung sind. Das wurde gerade in Diskussionen auffällig, wenn es darum ging, die eigene Meinung zu äußern.“
In Beratungsgesprächen habe sie zudem immer wieder erfahren, welcher Druck auf den Schülern lastet. „Teilweise sind Schülerinnen in Tränen ausgebrochen, weil sie eine Drei in einer Arbeit hatten.“ Lübke findet das bedenkenswert. „Die Lebenserwartung verlängert sich ständig, aber die für die Charakterentwicklung wichtige Schulzeit wird immer weiter verkürzt.“