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Angelika Krietemeyer kommt vorbei und hört zu

Angelika Krietemeyer kommt vorbei und hört zu

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Foto: WAZ FotoPool

Oberhausen. 

Sie ist eine zarte, kleine Person, der man ihr Alter – 67 Jahre – nicht ansieht. Angesichts dessen, was die Frau so alles wuppt und schon geleistet hat in ihrem Leben – Respekt.

Angelika Krietemeyer hat fünf Kinder großgezogen und ist auch heute für ihre sieben Enkel und für den einen Urenkel da. Sie ist examinierte Altenpflegerin und hat bis zum Jahr 2000 in diesem Beruf gearbeitet, erst in einem Altenheim, dann in der Hauspflege der Caritas. Und über diesen Beruf ist die Oberhausenerin auch zu ihrem ehrenamtlichen Engagement gekommen, um das es hier vor allem geht.

Gesprächskreis entstand 1992

Aus einem Seminar der Caritas, in dem Angehörige das Pflegen lernen konnten, ist 1992 ein Gesprächskreis entstanden, der damals von einer Sozialpädagogin geleitet wurde. Diese – mit Fördermitteln vom Land finanzierte Kraft – bat Angelika Krietemeyer, sich als Fachfrau an den Gesprächsrunden zu beteiligen. Was diese wiederum gerne tat. Und ein Jahr später, als die Fördermittel ausliefen und die Sozialpädagogin nicht mehr da war, übernahm die heute 67-Jährige den Gesprächskreis, als Ehrenamt, mit einer kleinen Aufwandsentschädigung.

„Ich hab’ das aus dem Bauch heraus organisiert, ich war dafür ja nicht ausgebildet“, sagt Angelika Krietemeyer im Rückblick. Rund zwei Jahre später konnte sie an einer Fortbildung teilnehmen, „und da habe ich gemerkt, dass es genauso richtig war, wie ich es gemacht habe“, sagt sie.

Jeder darf, niemand muss etwas sagen

Nämlich: Jeder darf und kann in der Gruppe etwas sagen, aber keiner muss. „Es soll kein Druck aufgebaut werden“, sagt Gruppenleiterin Krietemeyer. Und vor allem: Nichts von dem, was die Teilnehmer in dem Gesprächskreis sagen, wird gewertet, „darauf achte ich“. Denn was bei den Treffen der Gruppe – immer am zweiten Dienstag im Monat im Caritas-Haus an der Mülheimer Straße ab 19.30 Uhr – zur Sprache kommt, geht den Beteiligten an die Nieren.

Pflegende Angehörige sind isoliert

Aber die rund 22 Mitglieder des Kreises – Menschen, die einen Partner, den Vater, die Mutter, die Schwiegermutter mit den unterschiedlichsten Krankheitsbildern pflegen – wissen: In dieser Runde darf ich alles loswerden, die Wut, die Trauer, das Nicht-Mehr-Können, die eigene Überforderung. Die ist kein Tabu, und die anderen können damit umgehen, weil sie in einer ähnlichen Situation stecken.

Neulich habe eine Frau zu ihr gesagt, „wenn ich die Gruppe nicht gehabt hätte, hätte ich mich umgebracht“, erzählt Krietemeyer. Verständlich, wenn man bedenkt, in welcher Isolation pflegende Angehörige oft stecken. Kein Besuch kommt mehr, und die, die nicht betroffen sind, hören nicht mehr zu. Spezial

„Es ist angenehm, wenn ich jemandem helfen kann“

Krietemeyer leitet aber nicht nur die Gesprächsrunde, sie ist auch so ansprechbar. Zu Hause klingelt das Telefon häufig, weil jemand einen Rat zum Thema Pflege braucht. „Könntest Du mal vorbeikommen“ wird dann gefragt, und Angelika Krietemeyer kommt. Wie viel Zeit das in Anspruch nimmt? „Darauf habe ich noch nie geguckt“, sagt sie. Ja, Stress sei das schon manchmal und dann gehe es ihr auch manchmal nicht so gut. Aber, und das Aber ist sehr groß bei der Frau:

„Es ist angenehm, wenn ich jemandem helfen kann.“ Sie hat ihren Beruf als Altenpflegerin geliebt und sagt, dass sie es nicht ertragen könne, wenn alte Menschen behandelt würden wie eine Sache. Vielleicht kann sie deshalb so gut den Angehörigen zur Seite stehen.