Günter Kropp, der die große Zeit des Jugendzentrums an der Papestraße mitprägte, hält den Abriss der einst vorbildlichen Einrichtung für fatal. Das Zentrum, ehemals Treffpunkt für politisch denkende junge Menschen, sei heruntergewirtschaftet worden, so sein Vorwurf.
Essen.
Günter Kropp ist einer, der in den langen Jahren in Diensten der Stadt und des Essener Sportbundes nur ungern ein Blatt vor den Mund genommen hat. Regelrechte Wut packt ihn allerdings, wenn er derzeit an der zum Abriss freigegebenen Ruine des Jugendzentrums vorbei kommt. „Es ist eine Schande, wie diese vorbildliche Einrichtung in den letzten Jahren heruntergewirtschaftet wurde“, schimpft Kropp. Der Politik sei der Abrissbeschluss da leicht gefallen.
Nun muss man wissen: Der inzwischen 75-Jährige hat im JZE einst selbst seine Laufbahn begonnen, und das in einer bewegten Zeit. Von 1967 bis 1969 hat der Sozialarbeiter dort unter dem ersten Leiter Bernhard Graf von Schmettow gearbeitet, von 1975 bis 1979 war er dann selber Chef im Haus. Es waren die großen Zeiten des Jugendzentrums, das damals bei musikbegeisterten und politisch bewegten jungen Leuten weit über die Stadtgrenzen hinaus Strahlkraft entfaltete. Kropp erinnert sich gerne, wie politisiert das JZE einmal war, wie Jugendliche teils selbst aktiv Programm machten, wie das Haus mit Konzerten aller Art Trends setzte. Degenhardt, Süverkrüp, Reinhard Mey, Hannes Wader, Hanns-Dieter Hüsch, aber auch Udo Jürgens, Howard Carpendale, Drafi Deutscher – sie alle machten auf der JZE-Bühne Station. Dann die politischen Workshops, die Demo-Vorbereitungen. „Nicht immer fanden die Aktivitäten den Beifall von Nachbarn, Polizei und der Politik. Aber die Leitung stand dahinter“, so Kropp. Mutig sei das JZE gewesen, pädagogisch frei, experimentierfreudig, zukunftsorientiert.
Man habe nur versäumt, sich weiter zu kümmern
Mit dem Aufstieg der soziokulturellen Zentren in freier Trägerschaft, etwa der Zeche Carl, begann der Abstieg des JZE. Der Autor kann sich noch gut erinnern, dass es unter Essener Jugendlichen bald uncool wurde, an der Papestraße aufzuschlagen. So gesehen verwundert fast, dass sich das JZE überhaupt so lange halten konnte. War die Zeit vielleicht über derartige Einrichtungen hinweggegangen? „Ich glaube das nicht“, sagt Kropp. Man habe nur versäumt, sich weiter zu kümmern. „Wo waren denn später die Kooperationen mit Schulen, mit Vereinen, der Gewerkschaftsjugend, den Jugendorganisationen der Parteien? Die waren ja alle mal da.“
Der 75-Jährige räumt ein: „Heute sind die Jugendlichen nicht mehr so politisch.“ Aber es gab ja auch eine andere Ebene: „Das Haus war Heimat für viele. Hier fanden sie ihre Freunde, hier konnten sie sich verwirklichen, einfach gammeln oder bekamen in schwierigen Situationen Hilfe.“ Es habe so vieles gegeben, Turnhalle, Jazzkeller, Konzertsaal, selbst eine Kegelbahn – „mit dem Potenzial könnte man noch heute einiges machen. Man muss die jungen Leute eben einbeziehen.“ Das JZE sei irgendwann leider zu einer reinen Stadtteileinrichtung für Holsterhausen herabgesunken.
Noch heute treffen sich ehemalige Mitarbeitern und Besucher
Trauert da ein älterer Herr um einen Teil seines Lebenswerks? Vielleicht auch das, aber Kropp sagt, er stehe keineswegs alleine. Noch heute treffen sich ehemalige Mitarbeitern und Besucher, die teils schon bei der JZE-Eröffnung vor 50 Jahren dabei waren. „Wer konnte nur die Weststadthalle als Alternative zum Jugendzentrum vorschlagen“, frage man sich in diesem Kreis. Die sei als Jugendtreff doch völlig ungeeignet.