Die Theater und Philharmonie GmbH (TuP) muss sparen. Ein weiteres Absenken des TuP-Zuschusses wie es der Ansatz der Kämmerei vorsieht, würde die TuP in ihrer jetzigen Form gefährden.
Essen.
Die Theater und Philharmonie GmbH (TuP) muss sparen. Auch wenn in den vergangenen sieben Jahren der städtischen Zuschussbedarf von gut 47 Millionen Euro auf aktuell 41,4 Millionen gesenkt wurde. Um rund vier Millionen oder etwa zehn Prozent konnten Geschäftsführung und Intendanten allein in den letzten vier Spielzeiten den Zuschussbedarf herunterfahren. Dahinter steht das vom Kämmerer verordnete und vom Rat beschlossene Sparkonzept für den Konzern Stadt. Jetzt gibt es ein breites Bündnis quer durch die Ratsfraktionen der Stadt, das sagt: Jetzt ist erst einmal Schluss. Ein weiteres Absenken des TuP-Zuschusses wie es der Ansatz der Kämmerei vorsieht, würde die TuP in ihrer jetzigen Form gefährden.
Natürlich macht Sparen keinen Spaß. Auch TuP-Geschäftsführer Berger Bergmann nicht, dem es im Verein mit den Spartenleitern von Oper, Schauspiel, Ballett, Philharmonikern und Philharmonie gelang, den für die Saison 2010/2011 festgelegten Zuschussbedarf um 300.000 Euro zu unterschreiten. Bergmann denkt da kaufmännisch: „Rücklagen zu schaffen ist sinnvoll für jedes Unternehmen.“ Noch plant man, diesen Betrag für besondere Projekte zu nutzen.
„Wir haben die Sparvorgaben bis jetzt erfüllt“
Der könnte aber schnell aufgebraucht sein, wenn die Tarifsteigerungen die eingeplanten zwei Prozent übersteigen. Die Forderungen der Gewerkschaft liegen derzeit bei 6,5 Prozent. Trotz fünfprozentiger Personalkürzung bei den TuP-Mitarbeitern bedeutete das Kosten von über 500.000 Euro mehr pro Jahr. Selbst ein erneutes Erhöhen der Eintrittspreise brächte nicht mehr als 50.000 Euro, schätzt ein Aufsichtsratsmitglied.
Qualität und alle fünf Sparten wollen alle erhalten. Dass man dafür bereit ist, auch die Sparkurve des Kämmerers problembewusst zu betrachten, scheint Konsens. Unverhandelt stünde für die Saison 2014/15 nur noch ein Zuschuss von 38,5 Millionen Euro zur Verfügung, etwa soviel, wie die TuP vor der Gründung der Sparte Philharmonie vor zehn Jahren bekam. Das ginge an die Substanz. Letztendlich stünde doch eine Sparte auf dem Spiel.
Bei der TuP gibt man sich gelassen. „Wir haben die Sparvorgaben bis jetzt erfüllt, kommen bis 2015 auch mit der Stellenzahl aus, die wir derzeit haben und nehmen zugleich die Sparvorgaben des Kämmerers ernsthaft zur Kenntnis“, sagt Geschäftsführer Berger Bergmann. Allerdings verlasse er sich auch darauf, dass der Zuschussbedarf jährlich neu definiert werde.
„Die TuP sparte anteilig mehr ein als andere Einrichtungen“
Mit dieser Absage an das Rasenmäher-Prinzip steht Bergmann nicht alleine. Auch der stellvertretende Fraktionschef der SPD, Hans Aring, sieht den aktuellen Zuschuss von 41,4 Millionen Euro zwar „leicht modifizierbar“, aber unter 40 Millionen werde es wohl nicht gehen. Zwar beginnen die Beratungen in der Fraktion für den Doppelhaushalt 2013/14 erst, aber in der Sache könne er keine Spaltung in seiner Partei ausmachen, so Aring. Eine Spartenschließung wäre Unsinn und brächte kein Einsparpotenzial. Ein finanzielles Ausbluten des Aushängeschilds der Essener Kultur wäre nicht im Sinne der SPD.
Und Susanne Asche, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU stellt fest: „Die TuP sparte anteilig mehr ein als andere Einrichtungen. Wer fünf Sparten und die Attraktivität der Häuser erhalten will, hat kaum Spielraum für Kürzungen oder die Reduzierung von Vorstellungen.“ Außerdem müssten die Tarifsteigerungen für alle städtischen Einrichtungen gleich gehandhabt werden, so Asche.
Kaum noch Spielraum
So sieht es auch Elisabeth Mews: „Wir können in der TuP die Veranstaltungen nicht weiter runterfahren und haben auch beim Personal kaum Spielraum“, sagte die Grünen-Politikerin bei der Präsentation der jüngsten TuP-Zahlen. Ein Fazit, für das auch FDP-Mann Klaus Budde steht. Anscheinend sind die Zeiten, in denen bei so manchem Politiker beim Spar-Rundumschlag die TuP pauschal ins Visier genommen wurde vorbei.
Udo Bayer, Kopf des Essener Bürgerbündnisses (EBB) spricht von einem „hoch erfreulichen Kurs, den die TuP eingeschlagen hat“. Das Sparkonzept und die Konsolidierungsbemühungen griffen, ohne bis jetzt die Leistungsstärke der Sparten zu mindern. Auch das Bürgerbündnis wolle die TuP in der jetzigen Form erhalten. Bayer sieht seine Partei als Teil eines überparteilichen Konsenses.
Konsens in Sicht
„Wir sollten auch mit Blick auf den Doppelhaushalt keine Diskussion über eine erfolgreiche städtische Gesellschaft führen, die diese in Schwierigkeiten bringen könnte.“ Bei 9000 Mitarbeitern in der Kernverwaltung bei der Stadt und noch einmal so vielen in allen städtischen Töchtern könne man auch auf die blicken, die bisher nicht so gespart haben. Bayer: „Wir brauchen die TuP mit ihren Sparten für eine erfolgreiche Aufstellung der Stadt.“
Die Linke dagegen wirft dem Viererbündnis Doppelzüngigkeit vor. „Wenn man im Rat für die Klieve-Kurve stimmt und dann im TuP-Aufsichtsrat sagt, das ginge aber nicht, kommt mir das vor wie eine Persönlichkeitsspaltung,“ so Fraktionsvorsitzender Hanspeter Leymann-Kurtz.
„Man sollte bei der erfolgreichen Gesellschaft eher auf die Immobilien und das Gebäudemanagement schauen, da könnte man sparen“, so Leymann-Kurtz. Das entscheide aber die Stadt, nicht die TuP. Beim Konsens, den TuP-Zuschuss auf dem jetzigen Stand zu halten und bei Tarifsteigerungen alle städtischen Töchter gleich zu behandeln, wäre die Linke mit im Boot.
Kommentar: Selten war Konsens so nötig
Kommentar
Wer die Musik bestellt, muss auch die Zeche zahlen. Das gilt auch für die städtische Theater und Philharmonie (TuP). Wenn die Politiker hochkarätige Oper, gutes Schauspiel, exzellentes Ballett, ein hochmotiviertes Orchester und Gast-Stars in der Philharmonie wollen, kostet das eben. Das wusste man bei der Eröffnung des Aalto-Theaters vor fast 25 Jahren. Das war auch klar, als 2003 der alte Saalbau als neue, große Philharmonie den Spielbetrieb als fünfte Sparte aufnahm.
Bis jetzt gelang das Kunststück, mit einem Zuschuss von „nur“ etwas über 40 Millionen Euro Kultur auf einem Niveau zu produzieren, das nationalen, manchmal sogar internationalen Vergleich nicht scheuen muss. So viel brauchen Stuttgart oder Frankfurt allein für ihre Opern. Auch Düsseldorf steckt jährlich über 30 Millionen Euro nur in Oper und Ballett. Das Aalto liegt trotzdem seit Jahren vor der Konkurrenz am Rhein.
Essens Politiker sprechen sich – zum Glück für den Standort Essen – für dieses Qualitätsprodukt aus, nennen es „Aushängeschild“ für die Stadt, obwohl dieser finanziell das Wasser bis zum Hals steht. Das ist gut. Sind es doch gerade die so genannten „freiwilligen Leistungen“, die eine Stadt lebenswert machen. Natürlich muss die Zeche bezahlt werden. Der Konsens, mit dem sich Politiker der Stadt derzeit für Erhalt aller TuP-Sparten und deren Qualität einsetzen, war selten so einmütig, vielleicht auch noch nie so dringend nötig: für den Erhalt einer guten Sache. (Dirk Aschendorf)