- Weihnachten: das Fest im Kreise der Liebsten
- Aber nicht jeder hat dieses Glück – manche Menschen sind ganz allein
- Pfarrer Bernd Holthaus ist Heiligabend seit 25 Jahren für diese Menschen da
- Er organisiert ein Fest das ganz im Geiste der Nächstenliebe
Essen.
Jedes Jahr stellen ihm seine Kinder dieselbe Frage: „Kommst du an Heiligabend vorbei?“ Und jedes Jahr gibt Bernd Holthaus (65) dieselbe Antwort: „Nein, keine Zeit. Aber wir sehen uns am ersten Weihnachtsfeiertag.“
Denn der 24. Dezember ist fest reserviert: Heiligabend feiert der ehemalige Pfarrer mit Menschen, die sonst alleine oder gar nicht feiern würden.
„Ich kann es mir für mich auch gar nicht mehr anders vorstellen“, sagt Holthaus. Seit 25 Jahren organisiert er die „Feier am Heiligen Abend“ im Gemeindesaal der Reformationskirche in Rüttenscheid. Und das, obwohl er schon seit zwei Jahren in Rente ist.
Eine Idee aus der eigenen Not heraus
1992 brachte eine Freundin von Bernd Holthaus den Stein ins Rollen. Die Heilpraktikerin Angela Malmedy hatte gerade eine Scheidung hinter sich.
Weil sie nicht noch einen Heiligabend alleine mit ihren Kindern verbringen wollte, fasste sie den Entschluss, diesen Tag künftig mit anderen einsamen Menschen zu feiern.
Malmedys Wohnzimmer war zu klein für die rund 30 Menschen, die kommen wollten. Der Gemeindesaal der Reformationskirche hingegen groß genug.
Also wandte sie sich mit der Idee an Bernd Holthaus. „Wir hatten beide das gleiche Schicksal“ erzählt der Ex-Pfarrer, der damals auch gerade eine Scheidung hinter sich hatte. Seitdem finden die Feierlichkeiten dort statt.
Für Manche der schönste Moment im Jahr
Die ersten Anmeldungen kommen meist schon im September. Einige freuen sich das ganze Jahr auf diesen Abend: Menschen in Altersarmut, die sich einen Restaurantbesuch kaum leisten können. Wohnungslose, die sonst einfach niemand einlädt.
An der langen Tafel sitzen aber auch junge Gemeindemitglieder und Familien, die sich weg vom Materialistischen zurück auf den Gemeinschaftsgedanken besinnen wollen.
„Dieses Jahr organisiere ich den Abend das erste Mal alleine. Jeder, der Interesse hat, kann sich vorher anmelden. Bei diesem Fest sind es circa 50 Gäste – es werden aber wahrscheinlich mehr sein, da es auch immer ein paar gibt, die unangekündigt erscheinen“, sagt Holthaus.
Fremde Weihnacht doch so privat
Der Heilige Abend im Gemeindesaal läuft eigentlich immer ähnlich ab:
„Wir beginnen mit der Vorstellungsrunde, die meist sehr emotional vonstatten geht. Die Menschen erzählen, warum sie hier sind und das hat leider auch oft einen traurigen Hintergrund. Manche haben ihren Partner verloren und sind nun alleine – andere kommen mit ihren Kindern nach einer Trennung. An Festen wie Weihnachten oder Silvester wird die Erinnerung an verlorene Liebste noch mal besonders schmerzhaft.“
Nach der persönlichen Vorstellung, werden aber alle von der guten Stimmung mitgezogen. Ein Weihnachtsbuffet, gemeinsames Singen und Weihnachtsgeschichten runden den Abend ab. Wer will, kann anschließend auch den Weihnachtsgottesdienst besuchen.
Das Besondere: keiner der Gäste muss etwas zahlen. Die Feier wird von der Kirchengemeinde getragen.
Nächstenliebe, die wir uns zu Herzen nehmen sollten
„Ich finde es schon eigenartig, dass sich die Menschen gerade am Heiligen so ins Private zurückziehen. In den vergangenen 25 Jahren habe ich gemerkt: Weihnachten muss eigentlich mit vielen verschiedenen Menschen zusammen gefeiert werden. Dort kann man die Gemeinschaft und den Geist von Weihnachten spüren“, sagt Holthaus
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