Im Gespräch mit DERWESTEN kamen teilweise deftige Themen auf den Tisch. Der 67-jährige Jörg Sartor ist Vorsitzender der Tafel Essen und arbeitet schon seit 19 Jahren im Rahmen der gemeinnützigen Organisation. Jetzt aber fühle er sich „leer und ausgebrannt“.
Das habe einerseits mit seinem Alter zu tun, aber auch von der Politik erwartet der 67-jährige, selbsternannte „Tafelfürst“ mehr Unterstützung für die Menschen an der Armutsgrenze. Er kann es nicht verstehen, dass Geringverdiener teilweise weniger zur Verfügung haben als Bürgergeld-Empfänger.
Essener Tafel-Chef für höheren Mindestlohn und Freibeträge
Wie er darauf kommt, dass einige Geringverdiener weniger zur Verfügung haben als Bürgergeld-Empfänger, erklärt Sartor gegenüber DERWESTEN: „Geringverdiener haben Kinder in der Tagespflege, müssen teilweise für ihren Job ein Auto haben, Sportangebote selbst zahlen und natürlich auch den Rundfunkbeitrag.“ Das alles werde bei Bürgergeld-Empfängern vom Staat übernommen, sodass diese unterm Strich mehr von ihrem Geld haben.
Der Essener Tafel-Chef hat auch ein, zwei Ideen, was man ändern sollte. „Zum Beispiel könnte der Mindestlohn angehoben werden. Außerdem könnten die Freibeträge für Geringverdiener höher gesetzt werden.“ Sartor war nie ein Gegner der Großen Koalition, aber momentan tendiere er persönlich Richtung Wagenknecht-Partei, weil die Partei der „AfD viele Stimmen wegnehmen kann und auch die Linke rausdrückt, aber da ist noch ein bisschen wenig Fleisch am Knochen“.
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Essener Tafel-Chef sieht keinen Fortschritt mehr
Sartor blickt auf seine Zeit bei der Tafel Essen zurück: „Es tut weh, aber ich bin leer und ausgebrannt. Aber ich bin auch bekloppt!“ Erst neulich kam der 67-Jährige aus einem Kreuzfahrt-Urlaub wieder und sei direkt abends um 22 Uhr zum Wasserturm (Anmerkung der Redaktion: Standort der Tafel Essen) gefahren und habe Post und Mails gecheckt. „Ich sitze sogar sonntags hier“, erzählt Sartor gegenüber DERWESTEN.
„Wir haben hier viel zusammen bewegt, das hat auch Spaß gemacht, hier was zu ändern“, blickt Sartor freudig zurück. „Jetzt bewegt sich aber nichts mehr. Wir stehen teilweise vor einer Mauer, die wir nicht wegrücken können. Und dann gibt es teilweise keine Dankbarkeit von den Kunden und man wird blöd angemacht.“
„Wenn man in der Kabine nicht mehr ankommt, dann muss man gehen“
Daher hat der 67-jährige Tafel-Chef entschieden, dass er mit 70 Jahren geht. Das soll in Stein gemeißelt sein. „Wenn man in der Kabine nicht mehr ankommt, dann muss man gehen. Viele Tafelfürsten würden das nicht verstehen und schaffen den Absprung nicht“, erklärt es der gebürtige Essener mit einer Fußball-Metapher.
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Einen Traum würde Jörg Sartor der Tafel Essen aber noch liebend gern erfüllen: „Mein Traum ist es, eine neue passende Einrichtung zu finden und dann abzutreten.“ Mit anderen Räumlichkeiten könnte die Tafel Essen bei der gleichen Anzahl an Mitarbeitern 30 Prozent mehr Menschen versorgen, so Sartor gegenüber DERWESTEN.