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„Wenn jemand jeden Tag pünktlich ist, kann ich mit ihm arbeiten“ – Dieser Unternehmer macht aus Problemschülern Muster-Lehrlinge

„Wenn jemand jeden Tag pünktlich ist, kann ich mit ihm arbeiten“ – Dieser Unternehmer macht aus Problemschülern Muster-Lehrlinge

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Foto: Daniel Schreckenberg

Unternehmer aus Duisburg gibt Problemschülern einen Ausbildungsplatz

Wichtiger als Schulnoten sind ihm Pünktlichkeit und Charakter

110 junge Erwachsene haben die Ausbildung bei ihm bereits absolviert

Duisburg. 

Abdullah Altun ist ein herzlicher Mann. Sein Händedruck ist kräftig, seine Augen strahlen vor Tatendrang. Er ist damit so ziemlich das Gegenteil von dem, was viele seiner Lehrlinge bei ihrem Vorstellungsgespräch verkörpert haben.

„Viele junge Menschen haben eine Perspektivlosigkeit in sich. Wenn ich sie nach ihren Zielen im Leben frage, zucken sie nur mit den Schultern.“ Es sind Hauptschüler, die da vor im sitzen, meist ohne Abschluss. Altun gibt ihnen trotzdem eine Chance.

Auffangbecken für hoffnungslose Fälle

Die Gleisbau-Firma des Unternehmers aus Duisburg ist so etwas wie ein Auffangbecken für diejenigen, die anderswo gescheitert sind. 110 jungen Erwachsenen, die sonst überall gescheitert sind, hat er bereits eine Ausbildung ermöglicht.

Sie haben in seinem Unternehmen in den letzten Jahren Tiefbau-Facharbeiter, Baumaschinen-Mechatroniker und Büro-Kaufmann gelernt. Viele haben später einen festen Job gefunden.

Kaum einer fällt durch die Prüfungen. Aus Problemschülern werden Muster-Lehrlinge. Doch wie gelingt ihm das?

Ein Lehrling arbeitete seine Schulden ab

„Nicht bei dem ersten Problem überreagieren“, sagt Altun. Und was so einfach klingt, hat bei ihm durchaus Aussagekraft. Eine schlechte Note in der Berufsschule? Kein Problem, dann gibt es eben Nachhilfe im Betrieb.

Altun gibt jedem eine zweite Chance: Ein Lehrling hatte Geldprobleme, klaute aus der Firma Diesel-Benzin im Wert von 25.000 Euro. „Natürlich habe ich dem Mitarbeiter fristlos gekündigt und ihn angezeigt. Als er seine Strafe abgesessen hatte, stand er plötzlich vor meiner Tür und wollte die Schulden abarbeiten. Das durfte er.“

Altun fördert – und fordert

Altuns Art hat sich herumgesprochen. Ein Anwalt brachte erst letzten einen Häftling auf Bewährung vorbei. Für andere Unternehmer ein No-Go, für Altun kein Problem: „Wenn der Charakter zu uns passt, dann stellen wir den Bewerber auch ein. Wenn jemand jeden Tag pünktlich zur Arbeit kommt, ist er willig, damit kann ich arbeiten. Beweisen muss er sich eh auf der Baustelle.“

Altun gibt seinen Lehrlingen viel. Er unterstützt sie beim Führerschein, finanziert ihnen Weiterbildungen oder die Meisterprüfung. Dafür fordert er sie aber. Und ihre Angehörigen.

„Wenn ich jemanden einstelle, muss immer die Familie mit im Boot sein. Wenn etwas nicht gut läuft, klären wir das gemeinsam, das ist mir wichtig.“ Kommt ein Lehrling nicht zur Arbeit, kann es sein, dass er zu Hause vor seiner Türe steht.

„Ich kann alles verzeihen. Nur wer vorsätzlich betrügt, der hat bei mir verloren“, sagt Altun.

Altun ist Moslem, aber noch mehr ist er Idealist. Die Firmenzentrale ist mit lauter Sprüchen verziert: Aus dem Koran, aus der Bibel, Zitate von Sokrates und die UN-Erklärung der Menschenrechte – sie prangt groß vor dem Firmeneingang.

Auf den Inhalt der Botschaft kommt es an

Alles findet hier seinen Platz. Zu einem Zweck: Dem Mitarbeiter Impulse geben, jeden Tag aufs neue sein Bestes zu versuchen. 80 Leute beschäftigt Altun. Sie kommen aus 29 Nationen. Das geht nur mit Toleranz. „Es ist auch gar nicht wichtig, wer etwas gesagt hat. Auf den Inhalt kommt es an.“

Und so beginnt jede Anstellung bei ihm mit dem Anschauen einer Sure, die über seinem Schreibtisch an die Wand gemalt ist. Der Inhalt: Wer erfolgreich sein möchte, muss Glauben haben, hilfsbereit, gerecht und geduldig sein.

Altun: „Das mit dem Glauben ist mir egal. Doch die drei anderen Dinge verkörpert jeder glückliche Mensch.“ Und jeder Erfolgreiche.

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