- Dortmunder Start-Up will digitale Dating-Welt mit VR-Brillen völlig verändern
- Weniger Fake-Accounts und mehr Nähe bei virtuellem Echzeit-Talk?
- Wir haben das Flirten in der digitalen Parallelwelt getestet
Dortmund.
Kurzer Rock, Minikleid. Oder doch das Top mit dem tiefen Ausschnitt? Das sind die Outfits, die mir für mein erstes virtuelles Date zur Auswahl stehen. Nach kurzem Hadern über das karge Angebot, suche ich mir das Minikleid für meinen Avatar aus. Ich stehe im Konferenzraum eines Dortmunder Start-Up. Und zeitgleich in einer Umkleide in der virtuellen Realtität.
Mit der VR-Brille auf dem Kopf wird es ernst für mich: Ich, das heißt mein Avatar, mein virtuelles Alter Ego, drückt den Knopf, auf dem „Bar“ steht. Und beamt mich in die neue Dating-Welt.
„In fünf bis zehn Jahren werden VR-Brillen in der Dating-Welt alltäglich sein“
Wie kann man das Dating-Erlebnis steigern? Das fragten sich Thorsten Engelmann und Philip Cappeletti aus Dortmund. Sie sind die Entwickler der virtuellen Flirts.
Die Vorteile ihres Dating-Konzepts erklären die Entwickler im Video:
Ein wichtiges Thema für die beiden: das Problem mit Fake-Accounts, das bei ihrem Modell vermieden werden soll. Schließlich höre man ja in den Gesprächen die echte Stimme des Gegenübers, so die Start-Up-Gründer.
Das Projekt befindet sich momentan noch in der Testphase. Was normales Online-Flirten angeht, sind Cappeletti und sein Partner bereits geübt. Seit Jahren führen Cappelletti und Engelmann eine Dating-Plattform.
Jetzt soll das alleinige Prinzip des Chattens erweitert werden. Das virtuelle Date soll eine Ergänzung für ihre Seite sein. „In der virtuellen Bar können sich die Avatare in Echtzeit unterhalten. Es ist genauso, wie an der echten Bar jemanden anzusprechen, aber trotzdem anonymer“, erklärt Cappelletti.
Skybar-Feeling: Winke, winke, beamen und dann quatschen
Das probiere ich dann doch gleich mal aus: Ich stehe in der Bar. Sie ist wie eine Skybar programmiert. Echt schick und fancy dekoriert. Die Aussicht fulminant. Der Blick aus dem Fenster nach unten in die Tiefe: erschreckend real. Ich traue mich nicht, einen Schritt nach vorne zu gehen. Dabei steht mein echter Körper ja sicher in einem Dortmunder Büro.
Zunächst ist die Bar verdammt leer. Bis dann ein anderer Avatar, etwas statisch, um die Ecke kommt.
Meinen Flirtpartner kann ich auf zwei Arten begrüßen: Mit einem Winken oder Zeigen. Ich entscheide mich für: Winke, winke. Von A nach B komme ich, indem ich mich per Knopfdruck dorthin beame, denn die Skybar ist viel größer als das Dortmunder Büro. Laufen kann ich aber auch.
Jetzt ist die echte Stimme meines Gegenübers zu hören. Philipp Cappelletti steht mir als Avatar gegenüber. Erst komme ich mir ziemlich blöd vor, mich auf diese Weise zu unterhalten. Doch dann gewöhne ich mich schnell daran, mit de Figur zu reden, die aus der Tastatur eines Informatikers stammt – aber eben auch einen echten Menschen repräsentiert.
„Jetzt müsst ihr um mich kämpfen“
Andere Mitarbeiter des Start-Ups kommen jetzt auch in die Bar. Zwei junge Frauen, die eigentlich gerade zu Hause am Laptop sitzen, stehen nun auch mit mir in der Skybar. „Jetzt müsst ihr mich umgarnen und um mich kämpfen,“ sagt Philipp Cappelletti und wir lachen.
Mehr als ein halbes Jahr arbeiteten fünf Informatiker an der Gestaltung und Programmierung der Bar und der Avatare. Ich sehe das Gesicht des Mannes so nah und klar vor mir, dass ich es gerne anfassen würde: Doch die Hand geht ins Leere. Witze reißen und Einwürfe ins Gespräch schmettern sind schwierig, denn noch ist die Sprachübertragung etwas zeitverzögert.
Fast 3.000 Euro trennen dich derzeit noch von virtueller-Dating Realität
Die schnelle Entwicklung der VR-Technologie lässt selbst Geschäftsführer Philip Cappelletti nachdenklich zurück. „Ich habe zwei Kinder, ein und drei Jahre alt. Der Gedanke, dass beide nur noch in dieser virtuellen Welt aufwachsen, macht mir schon Angst. Bei uns war das noch anders. Doch wenn wir es nicht programmieren, macht es jemand anders.“
Ab Herbst soll das virtuelle Dating an den Start gehen. Noch ist das ein teurer Spaß: Benötigt wird ein Rechner mit einer großen Rechenleistung, die VR-Brille und Kopfhörer- insgesamt 3.000 Euro müssen also erstmal investiert werden. Das Bar-Konzept als bisher alleiniger Treffpunkt, soll noch ausgeweitet werden.
„Wir wollen separate Räume schaffen, in die man sich dann mit seinem Gesprächspartner zurückziehen kann, wenn man sich alleine unterhalten will. Das soll dann aber extra kosten,“ sagt Thorsten Engelmann.
Aus der Bar herausgebeamt und die Brille mit Kopfhörern wieder abgelegt, ist es doch irgendwie komisch sich wieder in der wahrhaftigen Realität zu wissen. Dennoch freue ich mich schon wieder auf meinen eigenen Kleiderschrank, denn der hat wesentlich mehr Auswahl zu bieten, als die Pixel-Kommode.
Außerdem interessant:
Zwei Handys und ein Portmonnaie geklaut – Dortmunder Polizei sucht nach diesem Mann
Anwohner hören ein Kreischen – aus diesem süßen Grund muss die Feuerwehr anrücken
250-Kilo-Fliegerbombe in Dortmund-Hörde gefunden