Lange Wartenschlangen gehören zum vertrauten Anblick an den Standorten der Dortmunder Bürgerdienste. Denn sie sind überlastet – aus folgenden Gründen.
Dortmund.
Geschätzt fast 100 Meter lang war Donnerstagmorgen die Schlange am Dienstleistungszentrum im Dortmunder Stadthaus. Inzwischen Alltag bei den Bürgerdiensten. Wir haben nachgefragt, was die Ursachen dafür sind und warum so schnell vermutlich keine Besserung eintreten wird.
Das ist die aktuelle Situation:
Im Stadthaus in der Berswordt-Halle und in den Bezirksverwaltungsstellen in den zwölf Dortmunder Stadtbezirken kommt es frühmorgens teilweise zu tumultartigen Szenen. Teilweise werden die Türen schon um 8.30 Uhr wegen Überfüllung geschlossen. Baldige Besserung ist noch nicht in Sicht. Besonders drastisch ist der Engpass in den Wochen vor den Ferien, wenn viele Reisewillige feststellen, dass sie neue Ausweise oder Pässe benötigen.
In diesem Monat machen sich nicht zuletzt die zahlreichen Feiertage bemerkbar. An den „Brückentagen“ geht dann fast gar nichts mehr bei den Bürgerdiensten. Security-Leute begleiten die Szenerie.
Das sind die Ursachen:
Das Problem ist seit Jahren bekannt. Doch alle Gegenmaßnahmen wie Aufstockung des Personals fruchten bislang wenig. Denn sie werden von der Realität eingeholt. Die Hauptprobleme:
- Die Einwohnerzahl steigt – und damit die Zahl der Kunden bei den Bürgerdiensten. 390.000 Besucher zählten die Bürgerdienste im Jahr 2015, 30.000 mehr als im Jahr davor. Und auch in diesem Jahr zeichnet sich ein weiterer Anstieg ab. Dazu kommt der hohe Anteil an Zuwanderern aus anderen Ländern. Hier sorgen oft Sprachprobleme für längere Bearbeitungszeiten.
- Neue bürokratische Anforderungen sorgen für längere Bearbeitungszeiten – wie zuletzt das im November 2015 in Kraft getretene Bundesmeldegesetz.
- Die angespannte Personallage bei der Stadtverwaltung. Die Stellen bei den Bürgerdiensten wurden zwar aufgestockt. Die Fluktuation der Mitarbeiter ist aber hoch. Das führt dazu, dass in der Regel 10 der 110 Stellen bei den Bürgerdiensten nicht besetzt sind. Dazu kommt eine hohe Krankenquote. Im März fiel jeder fünfte Mitarbeiter im Bereich Einwohnermeldewesen und Kfz-Zulassung krankheitsbedingt aus.
Das unternimmt die Verwaltung dagegen:
Die Verwaltung versucht, immer wieder gegenzusteuern. 2013 wurden erstmals Terminvergaben bei den Bürgerdiensten eingeführt. Inzwischen sind spontane Besuche bei den Bürgerdiensten nur noch montags, dienstags, donnerstags und freitags vormittags möglich. In den Bezirksverwaltungsstellen in Mengede und Aplerbeck geht es seit Mitte März gar nicht mehr ohne Termin.
Aber auch da braucht man Geduld: Am Donnerstag war für das Dienstleistungszentrum im Stadthaus ebenso wie in vielen Bezirksverwaltungen der erste freie Termin am 8. Juni zu bekommen – also in knapp vier Wochen.
Das ist die Zukunftsprognose:
Gespräche mit Menschen aus dem Umfeld der Verwaltungsstellen zeichnen ein Bild mit düsterer Stimmung. Von einer „Bugwelle“ an unbearbeiteten Aufträgen, die man vor sich herschiebe, ist die Rede. Und davon, dass die aktuelle Situation die Quittung für das städtische Spardiktat der vergangenen zehn Jahre sei.
Früher sei man mit einem Personal-Überhang in die Stoßzeiten gegangen, heute fehlen an allen Stellen die Kapazitäten. Auch, wenn jetzt neue Mitarbeiter eingestellt werden – die Bugwelle werde vor 2017 nicht abgeebbt sein, heißt es von denen, die mittendrin sind in dem dauerhaften Ausnahmezustand.