Dortmund.
Es ging alles ganz schnell. Seit Donnerstag (24. Februar) tobt der Krieg in der Ukraine. Hunderttausende Menschen sind seitdem auf der Flucht. Die ersten von ihnen haben es bereits nach Deutschland geschafft.
Daniel Johrde (37) aus Dortmund hat vier Flüchtlinge aus der Ukraine bei sich aufgenommen. Was der Lehrer aus Dortmund seitdem erlebt hat, lässt ihn ratlos zurück.
Dortmund: Kontakt über Freund – Lehrer nimmt Flüchtlinge aus der Ukraine auf
Viel weiß Daniel Johrde nicht über die Menschen, die seit Montag in der Wohnung seiner Partnerin leben. Zusammen mit ihr hat er sie für die Flüchtlinge hergerichtet. Dass sie aus Kiew stammen, weiß er. Es sind Bekannte der Frau eines befreundeten Lehrers mit ukrainischen Wurzeln, Yakiv Vynokur. Von ihm ging die Initiative zur Aufnahme der Flüchtlinge aus.
Sie flohen zu sechst über die Grenze zu Polen. Zwei Frauen und zwei Mädchen. Die beiden Jungs habe die befreundete Familie Vynokur aufgenommen, sagt der 37-jährige Dortmunder. Die Männer mussten in der Ukraine bleiben – ihr Land vor Putins Militär verteidigen.
Lehrer aus Dortmund nimmt Flüchtlinge auf – „Hauptsache keine Bomben mehr“
Daniel Johrde musste nicht lange überlegen, als sein Freund ihn über die Ankunft der Flüchtling informierte. Er wollte ohnehin gerade mit seiner Freundin zusammenziehen. In ihrer Wohnung konnten sie deshalb die Ukrainer in Not unterbringen. Doch dauerhaft können die Ukrainer nicht bleiben, der Mietvertrag läuft aus: „Anfang Mai muss die Wohnung geräumt sein“, berichtet der Dortmunder im Gespräch mit DER WESTEN.
Wer kümmert sich also nach seiner Nothilfe um die Flüchtlinge aus der Ukraine? Eine Frage, die ihm bislang keiner in Dortmund beantworten kann. „Die Stadt Dortmund baut in diesen Tagen unterschiedliche Hilfestrukturen und Hilfsangebote auf, über die wir kurzfristig informieren werden“, heißt es auf Anfrage bei der Stadt Dortmund. Ein Sprecher verwies in dem konkreten Fall auf das Sozialamt.
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Doch genau da habe man den Lehrer abgewiesen. Das Ausländerwesen beim Ordnungsamtes sei zuständig. Aber auch die Ausländerbehörde habe sich als Sackgasse erwiesen, sagt Johrde. Eine Ansprechpartnerin habe durchblicken lassen, dass es „chaotisch“ werden könnte. Der Gymnasiallehrer kann das nicht verstehen. „Man hat doch damit rechnen müssen. Es müsste doch aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre schon Notfallpläne geben, mit Standards für solche Situationen“, findet er.
Lehrer aus Dortmund klagt Umgang mit Ukraine-Flüchtlingen an: „Zynisch“
Über die Ausländerbehörde erfuhr Johrde auch, dass Menschen aus der Ukraine bislang keinen anerkannten Flüchtlingsstatus in Deutschland haben. „Nach 90 Tagen läuft ihr Aufenthaltsrecht ab. Danach, wenn es noch eine Bedrohungslage in der Ukraine gäbe, könnten sie einen Asylantrag stellen. Das ist doch zynisch“, fällt der Dortmunder angesichts des eskalierten Krieges vom Glauben ab.
Dazu die Stadt Dortmund: „Aufgrund der dynamischen Lage ist davon auszugehen, dass auch die aufenthaltsrechtlichen Regelungen für ukrainische Staatsangehörige weiter angepasst werden.“ „Hauptsache keine Schüsse und Bomben mehr“, habe sein Freund Yakiv Vynokur zu seiner Hilfe gesagt. Doch wie es mit den geflüchteten Menschen aus der Ukraine weitergehen soll, weiß Daniel Johrde aktuell nicht.
Update: Mittlerweile hat die Stadt Dortmund Informationen und konkrete Ansprechpartner für ukrainische Staatsangehörige veröffentlicht. Mehr dazu hier >>>
Wer Wohnungsangebote machen könne, möge sich an das Sozialamt wenden über folgende Mail-Adresse: sozialamt-ukrainehilfe@stadtdo.de.
Auch bei Daniel Johrde hat das Sozialamt sich letztlich zurückgemeldet und die Lage zu seiner Zufriedenheit gelöst. Alle Flüchtlinge seien mittlerweile offiziell gemeldet. Eine Entwicklung, die Hoffnung macht für alle weiteren Herausforderungen, die anstehen.