Viele Griechen in Deutschland sorgen sich um ihre Angehörigen in Hellas – und nutzen die Ferien für einen Besuch, bei dem auch Bargeld im Gepäck ist.
Dortmund.
Bald geht’s in die Heimat, der Jahresurlaub steht an. Doch weil die Heimat Griechenland ist, ist neben der Freude auf ein Wiedersehen mit der Familie noch etwas anderes im Gepäck: Geld für die krisengeschüttelten Verwandten und eine Kreditkarte, die in Griechenland vielleicht den ein oder anderen materiellen Wunsch erfüllen kann. Denn seit Montag sind in Hellas die Banken geschlossen. Jeder Grieche darf pro Tag nur wenige Euro von seinem Konto abheben. Dem Land droht der finanzielle Kollaps und das politische Chaos.
„Überweisungen machen zurzeit keinen Sinn. Aber meine Bank- und Kreditkarten funktionieren auch an griechischen Automaten“, sagt Iannis Papadakis. Er hat sich beim Auswärtigen Amt erkundigt. Der Deutsch-Grieche lebt in Dortmund, viele seiner Familienangehörigen im Norden Griechenlands.
„Ich mache mir große Sorgen. Ich habe sofort telefoniert, als ich hörte, was dort los ist“, erzählt der Informatiker. Mit seinem Angestelltengehalt unterstützt der 40-Jährige seine Cousine und deren Familie. „Sie ist Mutter. Ihr Mann arbeitet hauptamtlich bei der Feuerwehr. Doch er verdient praktisch nichts. Obwohl er nebenbei jobbt und meine Cousine Nachhilfe gibt, reicht das Geld nicht, um über die Runden zu kommen. Die können sich nichts leisten. Nichtmal die Miete.“
„Ich habe Angst, ausgeraubt zu werden“
Papadakis, der die Wirtschaftskrise Griechenlands und die Politik von Premier Tsipras angespannt verfolgt, steckte vor zwei Jahren sein Erspartes in den Ausbau eines Rohbaus. Damit seine Familie dort kostenlos leben kann. „Mein Vater hat das Haus vor 20 Jahren gebaut. Dann ging das Geld aus und die zweite Etage blieb Rohbau“.
In der kommenden Woche macht sich der besorgte Papadakis auf den Weg nach Griechenland. Er reist mit dem Auto und packt ein, was Cousine sowie Cousin und Freunde benötigen. „Ich werde nicht so viel Bargeld mitnehmen. Ich habe Angst, ausgeraubt zu werden. Denn den Menschen dort geht es sehr schlecht“, sagt er. Papadakis weiß, dass seine Familie besser dran ist als die Großstädter in Athen. „Die Leute im suburbanen, ländlichen Raum werden nicht verhungern. Die haben alle Gärten und bauen selbst ihr Gemüse an. Aber wenn du das nicht hast, bist du wirklich arm dran.“
Davon kann Niki Pilios, die in Deutschland geboren wurde und mit 18 Jahren in ihre griechische Heimat ging, um dort zu arbeiten, lebhaft berichten. 22 Jahre lebte die Buchhalterin in Athen, als die Krise kam, wurde auch sie zum Krisenopfer. „Ich musste zurück. Ich habe monatelang kein Gehalt bekommen. Zuletzt war ich nicht mehr krankenversichert“, sagt die Broicherin. „In Athen siehst du so viel Armut. Die Menschen suchen sich ihr Essen im Müll.“
Auch in Thessaloniki greift die Armut um sich. Daher hilft Irina Simitis, Deutsch-Griechin aus Dortmund, den Bewohnern ihres vermieteten Elternhauses. „Diese Leute sind mit der Krise arbeitslos geworden. Familienväter, Akademiker. Ich kann ihnen kein Geld geben, aber die Miete erlassen.“
Hilfe für die Suppenküche
Eleftherios Pliatskas, Ingenieur und 2. Vorsitzender des Deutsch-Griechischen Vereins in Mülheim an der Ruhr, sitzt auf heißen Kohlen. Er will so schnell wie möglich nach Thessaloniki reisen, mit reichlich Bargeld im Gepäck für seine Familie und für die Kirche, mit der er gemeinschaftlich eine Suppenküche finanziert, die täglich 7000 warme Speisen ausgibt. „In meiner Heimatstadt betteln die Menschen in Schlips und Kragen.“