Prekäre Zustände in einem Problemhaus in der Dortmunder Mallinckrodtstraße: Dutzende Kinder leben hier ohne Strom zwischen Müll und Ungeziefer.
Dortmund.
Das Haus mit der Nummer 58 in der Mallinckrodtstraße ist ein besonderes Problemhaus in der Nordstadt: Ein Haus mit besonders vielen Problemen – und besonders vielen Kindern. 53 Kinder leben dort, insgesamt 83 Personen sind in den acht Wohnungen offiziell gemeldet. Seit zehn Tagen leben die Menschen dort ohne Strom. Es gibt Kakerlaken, Müll; Gas-Kocher werden in geschlossenen Räumen benutzt.
Seit Juni 2012 ist das Haus auf der Liste der Problemimmobilien der „Task Force Nordstadt“. „Seitdem sind das Ordnungsamt, das Jugendamt, die Polizei und die DEW unzählige Male vor Ort gewesen“, berichtet Stadtsprecher Hans-Joachim Skupsch.
Es gibt einen ganzen Strauß an Gründen für die Besuche: das Ungeziefer, der Müll im Hinterhof, ein verdreckter Hausflur, nicht funktionierende oder beschädigte Klingeln und Briefkästen, ein offener Zugang zum Haus und eine sehr hohe Fluktuation der Bewohner. Beim letzten Besuch von Ordnungsamt und Jugendamt wurde die Stromversorgung von der Dortmunder Netz-GmbH – einer Tochter der DEW21 – gekappt, weil an den Anlagen manipuliert worden war.
„Das sind zwei komplette Schulklassen“
Im Haus geht es zu wie in einem Taubenschlag: Viele Anwohner und Fachkräfte aus der Nordstadt machen sich Sorgen wegen der vielen Kinder im Haus. „Das sind zwei komplette Schulklassen“, macht eine Anwohnerin die Größenordnung anschaulich.
Das Haus ist eine der „Matratzenburgen“, wo viele Bewohner pro Matratze bezahlen. Allerdings hat nicht jedes Kind eine eigene, weiß eine Sozialarbeiterin: Dafür fehlte der Platz im Haus und natürlich das Geld der Bewohner. Es sind vor allem Alleinerziehende, die dort leben.
Die Sozialarbeiterin möchte – wie auch die anderen besorgten Anwohner und externen Fachkräfte – namentlich nicht genannt werden, weil sie von der Stadt wirtschaftlich abhängig sind. Die Stich-worte „Kindswohlgefährdung“ und „Inobhutnahme“ fallen häufig. Allerdings hätte die Stadt dafür noch nicht mal einen Bruchteil der Unterbringungskapazitäten.
Traumatisierung der Kinder?
Das Jugendamt zieht diesen Schritt allerdings nicht in Betracht: „Die Eltern leisten das ihnen mögliche, um ihre Kinder zu versorgen. Eine, von den Eltern ausgehende Kindeswohlgefährdung, ist nicht bekannt“, heißt es dazu auf Nachfrage vom Jugendamt. „Eine Unterbringung der Kinder ohne die Eltern aufgrund der desolaten Zustände in dem Haus würde sehr wahrscheinlich eine Traumatisierung der Kinder bewirken.“
Da das Haus seit zehn Tagen ohne Strom ist, verschärft das die Situation zusätzlich: „Wir mussten die Stromversorgung außer Betrieb nehmen, weil die Leitungen auch für Kinder offen zugänglich waren“, begründet Jana-Larissa Marx, Sprecherin von DEW21, den Schritt.
Wie geht es nun weiter mit den Kindern? Bisher Achselzucken. Bei der Stadt ist man aber mittlerweile hellhörig geworden. „Das Problem wird nun akut dezernatsübergreifend angegangen“, teilt Stadtsprecher Skupsch mit. (MMDO)