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Im Zeitmaul-Theater werden die letzten Dinge verhandelt

Im Zeitmaul-Theater werden die letzten Dinge verhandelt

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Foto: ZM
Das Zeitmaul-Theater Bochum startet an neuer Spielstätte mit Witek Danielczoks „Körperlegenden“. Eine mystische Messe mit genialem Soundtrack.

Bochum. 

Dass in Bochum ein neues Theater eröffnet, kommt nicht allzu häufig vor. Entsprechend groß war das Interesse am ersten Aufschlag des Zeitmaul-Theaters in neuen Räumen am Imbuschplatz. Dort gab’s am Jahresende zweimal die Aufführung „Körperlegenden“ – eine „mystische Messe für den Körper“ mit reichlich Pathos-Überhang.

Theaterabend als Gesamtkunstwerk

Das Zeitmaul-Theater hat mit der umgebauten St.-Vinzenz-Kapelle nach Jahren endlich eine feste Spielstätte gewonnen. Das Theater versteht sich in erster Linie als (Uraufführungs)-Bühne speziell für die Werke Witek Danielczoks; ein Ansatz also, wie ihn weiland Richard Wagner in Bayreuth verfolgte. Der Vergleich drängt sich auf, denn auch „Körperlegenden“ ist eine Art Gesamtkunstwerk; geboten wird eine Verschmelzung von Schauspiel, Live-Musik, Videosequenzen und Bildender Kunst.

Nicht ohne Pathos

Auch ist der Anspruch alles andere als gering. Die „mystische Messe“ verhandelt im diffusen Halbdunkel der Bühne sozusagen die letzten Dinge, „von den Menschen, die vor mir waren, bis zu den letzten Menschen“, wie es an einer Stelle heißt. Es geht in die Tiefe, aber eben auch – ähnlich wie bei Wagner – nicht ohne Pathos ab.

Bühnengerecht erkundet wird, nicht zuletzt durch ein nacktes Körpermodell (Simone Friebe), die Einzigartigkeit des menschlichen Körpers. Sein In-die-Welt-Kommen, Verweilen und Vergehen werden mal lyrisch, mal in Prosa angestimmt. Mit Maria Wolf und Arne Nobel stehen zwei präsente Schauspieler bereit, die die philosophischen Danielczok-Texte geboten ernsthaft deklamieren. Leider wirkt das auf Dauer aber doch überfrachtet. Es scheint, als wünschte der Autor/Regisseur, das ganze Weltall zu umgreifen („Auf dem Körper wandern Völker/kämpfen, sterben und stehen auf“), doch damit will die Aufführung zu viel. Irgendwann muss die Bedeutungs-Blase platzen.

Superbe Zeitmaul-Kapelle

Dass der Abend dennoch die Kurve kriegt, liegt am Soundtrack, denn der ist superb. Serge Corteyn (Gitarre), Manuel Loos (Perkussion), Dita Kosmakova (Flöte, Akkordeon, Gesang) und Claudia Weber (E-Bass, Gesang) lassen die Düsternis vibrieren und machen sie dadurch – übrigens auch körperlich – erfahrbar. Zwischen Noise-Geballer und störrischer (Hippie)-Folkore schlägt die Zeitmaul-Kapelle die Brücke zwischen dem, was die Aufführung will und doch nur in wenigen Momenten erreicht: aufzuzeigen, was einen Körper zu einem Menschen macht.