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IHK sieht Opel-Abriss in Bochum als Chance für die Region

IHK sieht Opel-Abriss in Bochum als Chance für die Region

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Foto: FUNKE Foto Services / Olaf Ziegler
Der neue Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Mittleres Ruhrgebiet, Eric Weik, und Präsident Jürgen Fiege glauben: „Die Region hat viele Chancen.“

Bochum. 

Einen neuen Hauptgeschäftsführer hat die Vollversammlung der IHK Mittleres Ruhrgebiet bestellt. Eric Weik tritt am 1. November die Nachfolge von Helmut Diegel an. Mit dem 44-jährigen gebürtigen Schwaben – zur Zeit noch Bürgermeister der Stadt Wermelskirchen – und mit IHK-Präsident Jürgen Fiege sprachen die WAZ-Redakteure Andreas Rorowski und Michael Weeke.

Bochum ist eine Stadt, die in jüngster Zeit Federn hat lassen müssen. Nach einer 150-jährigen Geschichte wird das letzte Stahlwerk schließen, Opel ist nach 50 Jahren gegangen, die Stadt ist weiter im Umbruch. Mit welchen Ideen treten Sie an?

Eric Weik: Was den Abriss am Werk I betrifft: Ich habe Gänsehaut bekommen, als ich davor stand … Gerade der Hintergrund des Wandels und die große Herausforderung und die unglaublich vielen Chancen, die darin stecken, sind ein großer Motivationsfaktor für mich gewesen zu sagen, da wäre ich gerne dabei. Ich glaube, dass die nächsten zehn Jahre extrem spannend sind. Bei allem Negativen hat die Region mit ihren Menschen, ihrer Kraft und ihrer Internationalität viele Chancen. Das ist cool, da will ich dabei sein.

Aus der Politik in die Kammerarbeit. Was hat sie dazu bewogen?

Weik: Ich habe das, was ich die letzten elf Jahre gemacht habe, nie als Politikjob definiert, sondern ich habe mich immer gesehen als Geschäftsführer des Konzerns Stadt. Daher ist es kein Wechsel von der Politik in die Kammerarbeit. Was mich bis jetzt in meinem Job als Bürgermeister umgetrieben hat, wird mich auch weiter umtreiben. Ich glaube, eines der wichtigsten Themen ist das Thema Arbeitsplätze. Mir ist wichtig, dass ich etwas beitrage zur Gesellschaft. Ich will auch Geld verdienen. Aber ich will, dass es einen Sinn hat. Und es soll mehr sein, als gute Umsätze, zufriedene Mitarbeiter und ein ordentliches Produkt auf den Markt zu bringen, was an sich schon viel wert ist.

Herr Fiege, ist es diese Einstellung, die das IHK-Präsidium bewogen hat zu sagen, das ist der richtige Mann für die Positionen des Hauptgeschäftsführers?

Jürgen Fiege: Wir haben nicht ins Blaue gesucht, sondern hatten genaue Vorstellungen davon, wen wir suchen. Und wir haben genau den gefunden, den wir gesucht haben.

Was hat Ihr neuer Hauptgeschäftsführer, was die anderen Bewerber nicht haben?

Fiege: Für uns war wichtig, dass Herr Weik beide Seiten kennengelernt hat: Er hat ein Unternehmen geleitet und er hat das Unternehmen Stadt geführt. Der letzte Satz in unserer Ausschreibung lautete: Wenn sie in der Lage sind, die IHK wie ein Unternehmen zu führen, dann bewerben sie sich bitte. Daran können sie sehen, wohin unsere Zielrichtung geht. Wir wollen keinen Behördenleiter, keinen Verwalter, sondern einen Unternehmer.

Das heißt, Herr Weik ist der legitime Nachfolger von Helmut Diegel, der mit ähnlichem Hintergrund, Tatkraft und Aufbruchstimmung angetreten ist. Der Unterschied ist: Die Rahmenbedingungen sind schwieriger geworden.

Weik: Die aktuelle Situation ist eine Herausforderung, weil eine IHK als Stimme der Wirtschaft wie ein gutes Unternehmen natürlich die allererste Regel einhalten muss, nur so viel Geld auszugeben wie sie einnimmt und nicht über Jahre hinaus mehr ausgibt als sie einnimmt. Das müssen wir korrigieren. Der Korrekturprozess ist im Gang und den muss ich fortsetzen, das gehört dazu.

Mit welchen Ideen oder Konzepten werden sie das verfolgen?

Weik: Einsparen, Ausgaben reduzieren. Damit haben wir schon angefangen, indem zum Beispiel befristete Verträge nicht fortgesetzt wurden. Wir müssen uns auch über das Thema Einnahmen Gedanken machen, zum Beispiel über die Frage, ob wir noch mehr Dienstleistungen für Gebühren anbieten können, oder ob die Gebühren nicht stimmen. Wir werden entsprechende Maßnahmen einleiten, dass Ausgaben und Einnahmen wieder zusammenpassen.

Welche Akzente wollen Sie nach außen setzen?

Weik: Für mich muss irgendwann der Zustand eintreten, dass es keine politische Diskussion und Entscheidungen zu Gewerbesteuer, Stadtentwicklung oder Gewerbeflächen gibt, ohne dass man vorher die IHK nach ihrer Meinung gefragt hat, weil es keine andere Organisation gibt, in der so viel unternehmerische Kompetenz zusammenkommt. Wenn ich als Bürgermeister so viel kompetente Beratung habe, wie sie in einer Vollversammlung zu finden ist, ist es schlau, das zu nutzen. In den letzten Monaten stelle ich fest, die Stimme der Wirtschaft ist nicht so laut ist, wie ich sie mir wünschen würde, und dass es Diskussionen über Strukturfragen gibt, in denen die IHK nicht so stark stattfindet, wie ich es mir wünsche würde.

„Wir haben richtig Bock auf Bochum“ 

Sind die Regionalbüros in Gefahr?

Weik: Wenn wir das finanziell hinkriegen, möchte ich, dass wir die Regionalbüros weiter fortsetzen.

Fiege: Die Regionalbüros sind bis Dezember 2016 gesichert. Ich halte sie auch für wichtig. Aber es ist auch unsere Aufgabe zu überlegen, ob Ausgaben und Nutzen übereinander passen. Die Büros leisten sehr gute Arbeit und momentan stehen die Zeichen für sie positiv. Ende 2016 wird eine neue Vollversammlung entscheiden, wie es weitergeht.

Die Entwicklung der Fläche von Werk I das große Strukturthema in der Stadt. Wissen Sie, Herr Fiege, von Bochumer Firmen, die sich womöglich dort niederlassen wollen?

Fiege: Ich weiß vom Hörensagen, dass die Perspektive 2022 und die EGR schon in Gesprächen sind. Aber das ist so wie die Präsentation eines neuen Hauptgeschäftsführers. Man macht das erst dann öffentlich, wenn die Tinte trocken ist. Als IHK ist es uns ganz wichtig, dass wir diese Industrieflächen beibehalten. Die Stadt hat ja ihre ursprüngliche Überlegung, auf der Fläche ausschließlich Industrie anzusiedeln, mit der DHL-Ansiedlung aufgeweicht. Wir stehen dafür, dass das jetzt auch das Letzte dort sein soll. Das gilt für das Thema Logistik und auch für den Einzelhandel.

Wie werden Sie versuchen, Herr Weik, in die Debatte einzugreifen?

Weik: Da müssen Arbeitsplätze entstehen. So viele wie möglich und solche, die nachhaltig bleiben.

Welchen Eindruck haben sie bislang von Bochum gewonnen?

Wir waren in den letzten Monaten oft hier, weil für uns klar war, eine Veränderung geht nur, wenn wir das nicht nur wegen des Jobs tun. Ein Hauptgeschäftsführer muss sich hier auch verwurzeln. Ich finde, dass die Region viel Kraft ausstrahlt. Die vielen jungen Menschen und die hohe Internationalität begeistern meine Frau und mich. Ich habe in der Vollversammlung gesagt, wir haben richtig Bock auf Bochum.