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Gruner + Jahr zahlt Millionen für Start-up Employour

Gruner + Jahr zahlt Millionen für Start-up Employour

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Foto: Lukas Kawa
Die Employour GmbH von Stefan Peukert und Daniel Schütt hat sich zum Marktführer entwickelt. Sie wurde verkauft, soll aber weiter in Bochum wachsen.

Bochum. 

Das Wachstum lässt sich in Etagen messen. Erst haben sie eine angemietet, dann zwei und mittlerweile belegt die Employour GmbH drei Geschosse im Lueg-Haus an der Kortumstraße. 2010 gegründet, ist das Start-up-Unternehmen binnen fünf Jahren zum Marktführer in Deutschland für Schüler- und Studierendenmarketing aufgestiegen. Vorläufiger Höhepunkt dieses kometenhaften Aufstiegs: Das Medienunternehmen Gruner + Jahr hat Employour für einen zweistelligen Millionenbetrag gekauft.

„Dass wir verkaufen, war nicht geplant“, sagt Stefan Peukert, der wie Mitgründer Daniel Schütt bis vor kurzem noch geschäftsführender Gesellschafter war – beide bleiben als angestellte Geschäftsführer im Unternehmen. Mehrmals hätten sie in der Vergangenheit Übernahmeangebote abgelehnt. Aber nun sei Employour an einem Punkt angelangt, an dem ein strategischer Partner wichtig ist, „um uns auf die nächste Stufe zu bringen.“ Mit mehr Struktur – möglichst ohne Spontanität und Flexibilität eines Start-ups zu verlieren – und mit Wissen, das der Partner Gruner + Jahr aus anderen Bereichen der Personalvermittlung mitbringt, soll das Unternehmen wachsen.

Teil einer Medienfabrik

Künftig wird Employour Teil der Medienfabrik Embrace sein. Damit fließen zwei Komponenten und Kompetenzen zusammen: Der große Partner hilft als Dienstleister mit, Firmen als Arbeitgeber zu präsentieren oder Personal zu suchen. Employour hat sich als Stellenbörse 2.0 etabliert. Es hilft jungen Leuten beim Einstieg in die Berufswelt und hat dafür – je nach Ziel- und Altersgruppe – die Online-Angebote meinpraktikum.de, karista.de und trainee.de entwickelt.

Denn: „Ein 16-jähriger Schüler hat andere Fragen als ein 28-jähriger Universitätsabsolvent“, so Diplom-Betriebswirt Peukert, der einst selbst auf der Suche nach Praktika war und der gemeinsam mit Co-Initiator Schütt ernüchtert von dem spärlichen Informationsangebot beschloss, diese Lücke zu schließen. Heute sind sie überzeugt: „Wir haben die Art und Weise, wie Schüler und Studenten ihren ersten Job finden, nachhaltig geprägt.“ Zehn Millionen Aufrufe ihrer Internetseiten verzeichnen Embrace und Employour monatlich, 200.000 registrierte Mitglieder weisen sie auf. Die Kundenliste ist 820 Firmen lang – darunter 26 der 30 Dax-Unternehmen.

Mit ihren 65 Mitarbeitern stellen die Bochumer knapp ein Drittel der nun 210-köpfigen Belegschaft. Und die werden am Bermuda-Dreieck bleiben. Ideal ist der Standort wegen seiner Zentralität, der Nähe zum Hauptbahnhof und zum IT-Partner auf der anderen Straßenseite, aber vor allem „um Zugang zu qualifizierten Mitarbeitern zu bekommen“ so Peukert. Auch er, mit fünf Jahren nach Bochum gekommen, längst ein Kind der Stadt und bekennender VfL-Fan und Dauerkartenbesitzer, wird zumindest die nächsten zwei, drei Jahre weiter hier arbeiten. Danach ist vieles vorstellbar: ein Job im Ausland etwa, um das internationale Geschäft von Embrace voranzutreiben.

Bekennender VfL-Fan

Oder gar ein neues Start-up? „Schon möglich“, sagt Peukert und lächelt vielsagend. Das Arbeiten werde er trotz des millionenschweren Verkaufs jedenfalls nicht einstellen: „Ich stelle mir jetzt keinen grünen Ferrari vor die Tür und mache nichts mehr. Dazu habe ich viel zu viel Lust auf Neues“, so der 30-Jährige, der im grauen Kapuzen-Shirt und in Jeans so gar nicht in die Schublade eines Geschäftsmanns oder Millionärs passt.

Erst einmal aber ist er ausgeflogen. Nach den mehrmonatigen Verkaufsverhandlungen will er in den USA auftanken: Energie beim Entspannen am kalifornischen Strand und Ideen bei Besuchen im Silicon Valley. „Facebook, Google, ich möchte mir einiges anschauen und werde Urlaub und Arbeit miteinander verbinden.“ Auch ein Ex-Unternehmer lässt das Unternehmen eben nicht sein.

Geschwindigkeit und Austausch sind Schlüssel zum Erfolg 

Die Region braucht mehr Gründer. Darüber sind sich längst alle Akteure einig: Wirtschaft, Verbände, Politik, Wissenschaft. Geschäftsideen mag es viele geben. Aber was braucht es, um sie erfolgreich umzusetzen? Risikobereitschaft gehöre natürlich schon dazu, sagt Stefan Peukert. Und vielleicht auch die Überzeugung, dass es nichts ausmache, mit einem Projekt zu scheitern. Er habe in Gesprächen mit Unternehmen erfahren, dass auch gescheiterte Gründer für die Großen und Etablierten interessant sind.

Und was braucht es zum Gelingen eines Unternehmens? „Das allerwichtigste ist Speed“, sagt Peukert. Geschwindigkeit. Lieber eine falsche Entscheidung treffen und sie schnell revidieren, sollte sie sich als falsch erweisen, statt zu lange über Plänen zu brüten oder gar nichts zu entscheiden.

„Vermittler zwischen Ideen- und Geldgeber“ fehlt noch

Und die zweite goldene Regel: „Mit so vielen Leuten wie möglich über seine Idee sprechen.“ Zu viele potenzielle Gründer hätten Angst, über ihr Projekt zu reden. Dabei könne ein Austausch helfen, um Schwächen zu erkennen oder weitere Anregungen zu erhalten. „Und wie wahrscheinlich ist es schon, dass jemand plötzlich seinen Job aufgibt, meine Idee nimmt und sie trotz fehlender Vorkenntnisse besser umsetzen kann als ich?“

Auch Stefan Peukert wundert sich, dass es nicht viel mehr Unternehmensgründungen in der Metropole Ruhr gibt. Denn die Voraussetzungen dafür gebe es doch eigentlich. Eines allerdings fehle schon: „ein Vermittler zwischen Ideen- und Geldgeber“.

Darlehen könnten Gründer zwar bekommen. Wichtiger noch sei allerdings Eigenkapital, das Investoren in eine Idee stecken und das nicht ausgerechnet in einer starken Wachstumsphase wieder zurück gezahlt werden müsse.