Es ist aber auch ein Ort, an dem sie Grundbedürfnisse befriedigen können, die für andere Gleichaltrige selbstverständlich sind: Etwa Duschen, Wäsche waschen oder sich Klamotten aus der Kleiderkammer auswählen.
Für viele Straßenkids, die zwischen Notschlafstellen und betreuten Wohnungsangeboten hin und her pendeln, gilt das Sprungbrett als eine der letzten Anlaufpunkte. So auch für Melanie. Das Ex-Straßenkind erinnert sich gern an die Sozialarbeiter im Sprungbrett: „Die haben nie über uns geurteilt, uns behandelt wie ganz normale Jugendliche.“
Einer dieser Sozialarbeiter ist Felix Schwarz. Er versteht das Sprungbrett als „Schutzraum“ für die Kids: „Wer zu uns kommt, hat meist massive Probleme mit den Eltern, in der Schule, mit Ämtern oder der Polizei“, sagt Schwarz und fügt hinzu: „Auch Schulden sind ein großes Thema und Drogen.“
Das Ziel der Einrichtung ist es, diese Probleme aufzufangen und Hilfsangebote zu schaffen. So begleiten die Sozialarbeiter die Kids bei Behördengängen oder helfen beim Sozialhilfe-Antrag.
Allerdings drängt sich das Team den Kids nicht auf. „Wir arbeiten nach dem Prinzip der Kommstruktur“, erklärt Einrichtungsleiter Robert Priebs. Vor 16 Jahren hat er das Konzept zum Start des Sprungbretts mit ausgearbeitet.
Was bedeutet „Kommstruktur“?
Weil die Heranwachsenden häufig mit den Regeln der Erwachsenen nicht zurechtkommen, versucht das Sprungbrett „jedes Gefühl von Zwang von ihnen fernzuhalten“, so Schwarz. Bei den ersten zwei bis drei Besuchen können die Kids sogar anonym bleiben.
Sie sollen am Ende ihre Ziele selber formulieren. Mit diesem Konzept soll vermieden werden, dass die Jugendlichen auch gegenüber den Sozialarbeitern abblocken. 2016 haben 273 Heranwachsende das Angebot genutzt, 172 waren männlich und 101 weiblich. Mehr als 100 von ihnen gaben an, ohne festen Wohnsitz zu leben.
2016 ist die Anzahl der Beratungen im Sprungbrett explodiert
Die Sozialarbeiter standen im vergangenen Jahr in 1118 Fällen beratend zur Seite, gegenüber 326 Beratungen im Jahr davor. Dieser sprunghafte Anstieg ist nur teilweise mit den Bedürfnissen von Flüchtlingen zu erklären. Denn auf Geflüchtete fielen im Jahr 2016 lediglich 232 der über 1000 Beratungen.
Die Nachfrage im Sprungbrett steigt. Und damit natürlich auch die Belastung für die Mitarbeiter. „Man braucht schon sehr viel Frustrationstoleranz“, gibt Schwarz zu. Schließlich wollen Jugendliche sich beweisen, Stärke zeigen, seien extrem aufgekratzt und teilweise aggressiv. Insbesondere, wenn Drogen mit im Spiel sind. Die sind zwar im Sprungbrett strikt verboten.
Doch wer vorher konsumiert, ist trotzdem willkommen – so lange andere Besucher der Einrichtung darunter nicht leiden. Über diesen niedrigschwelligen Ansatz schaffen sie im Sprungbrett Vertrauen. „Dadurch können wir den Kids spiegeln, dass ihr Verhalten Probleme mit sich bringt und sie dazu ermutigen, Hilfe anzunehmen“, so Schwarz.
Vielen Jugendlichen hat das Sprungbrett so schon bei der Orientierung geholfen. Melanie ist nur ein Beispiel dafür, wie sehr Straßenkids dieses Hilfsangebot schätzen.
Das Sprungbrett hat von Montag bis Freitag zwischen 12 Uhr und 15 Uhr geöffnet. Beratungen finden von Dienstag bis Freitag auch zwischen 9:30 Uhr und 12 Uhr statt.