In Bochum wurde Herzpatienten erstmals ein selbstauflösender Stent eingesetzt. Wer Pionier der neuartigen OP ist, blieb jedoch zunächst offen, denn zwei Universitätskliniken machten widersprüchliche Angaben. Nun steht fest: Das Bergmannsheil führte die Operation als erstes durch.
Bochum.
Die Krankenhäuser stehen unter zunehmendem Druck. Jede zweite deutsche Klinik hat laut einer aktuellen Studie im vergangenen Jahr Verluste gemacht. Schließungen drohen. Behandlungserfolge – so will es die designierte Regierungskoalition – zählen mehr denn je. Das wird längst auch in der Öffentlichkeitsarbeit spürbar. Jüngstes Beispiel: ein Disput zwischen zwei Bochumer Universitätskliniken.
„Die kardiologische Klinik des St. Josef-Hospitals hat als erste in Bochum und Umgebung einen neuartigen, selbst auflösenden Stent eingesetzt.“ So meldete es zu Wochenbeginn die WAZ. Quelle: Vassilios Psaltis, Pressesprecher des Katholischen Klinikums Bochum. Einem 44-jährigen Herzinfarkt-Patient sei die Gefäßstütze erstmals erfolgreich implantiert worden.
Stent verschwindet von alleine
Deren Vorteil: Anders als die üblichen Metallstents, die ein Leben lang im Körper bleiben, besteht die Neuentwicklung aus Milchsäure-Kristallen, die nach drei bis sechs Monaten über das Blut aufgenommen werden und von allein verschwinden. „Es freut uns, zukünftig erkrankte verengte Gefäße so behandeln zu können, ohne Rückstände zu hinterlassen“, wird Klinikdirektor Prof. Dr. Andreas Mügge in der Mitteilung des St. Josef-Hospitals zitiert.
Im Bergmannsheil war das Erstaunen ob des WAZ-Berichts groß. „Schonendes Verfahren erstmals in Bochum durchgeführt“, hatte Kliniksprecher Robin Jopp bereits Anfang Oktober gemeldet. Wenige Tage zuvor war am Bergmannsheil einer 57-jährigen Patientin ein selbst auflösender Stent eingesetzt worden: exakt die Milchsäure-Stütze, deren Bochum-Premiere das St. Josef-Hospital für sich reklamiert. In der Mitteilung von Robin Joop kommt gleichfalls Prof. Andreas Mügge zu Wort. Denn der leitet die Kardiologie sowohl am Bergmannsheil als auch im St. Josef-Hospital und hatte somit beide Stent-Eingriffe zu verantworten.
Erster Eingriff als Notfall
Als „Missverständnis“ wird das PR-Wettrennen um den Bochumer Milchsäure-Stent gewertet. Auf WAZ-Anfrage bestätigt Prof. Mügge, dass der erste Milch-Stent tatsächlich im Bergmannsheil eingesetzt wurde. Das St. Josef-Hospital folgte deutlich später. Zwar habe sich der Stent hier erstmals unter Notfallbedingungen bewährt. „Gleichwohl ist die Information, dass es die erste OP dieser Art war, falsch. Ich bedaure das. Ich hätte die Pressemitteilung aufmerksamer lesen sollen“, so Prof. Mügge.
„Höher, schneller, weiter“ könnte auch künftig die Strategie der Klinik-Werber prägen. Häuser mit nachgewiesen hohem Behandlungserfolg sollen nach Plänen von CDU/SPD mit Zuschlägen belohnt werden. Kliniken mit schlechten Noten drohen Abschläge.