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Willi Rode startet sein Renn-Comeback mit 74 Jahren

Willi Rode startet sein Renn-Comeback mit 74 Jahren

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Foto: WAZ FotoPool
Der Trabrennfahrer Willi Rode gehört zu erfolgreichsten Piloten Deutschlands. Als er vor vier Jahren seinen 70. Geburtstag feierte, musste er sich aus dem Renngeschäft verabschieden. Nach einer Gesetzesänderung hat er nun erstmals wieder eine Startlizenz erhalten und sein Comeback gefeiert.

Gelsenkirchen. 

Willi Rode ist kein Rebell. Willi Rode ist Trabrennfahrer. Auf Rente hat der 74-Jährige aber noch keine Lust. Also protestiert er.

In den 80er und 90er Jahren gehörte Rode zu den erfolgreichsten Trabrennfahrern Deutschlands. Zweimal gewann er das Derby als Fahrer, einmal als Trainer. Die von ihm trainierten Pferde brachten ihm viel Geld ein. 2008 fuhr der Recklinghäuser in Gelsenkirchen sein letztes Rennen. Danach bekam er keine Lizenz mehr. Nicht, weil es an Fitness oder Leistung fehlte, sondern weil er kurz zuvor seinen 70. Geburtstag feierte. Dem Hauptverband für Traberzucht (HVT) zu Folge ist mit 70 Jahren Schluss für Piloten. Der Ruhestand wäre die logische Folge gewesen. Doch so einfach war Rode nach über 50 Jahren im Geschäft nicht aus dem Trab zu bringen.

Vier Jahre später liegt der Trabrennpark in Gelsenkirchen verlassen da. Er wirkt wie eine einsame Cowboystadt. Irgendwo wiehern Pferde, neben einem Heuballen machen zwei Männer Mittagspause. Ein kleines Fenster öffnet sich, eine Frau mit skeptischem Blick guckt hinaus: „Willi Rode? Nee, der fährt hier schon lange nicht mehr“, sagt sie sichtlich amüsiert.

Den Anstoß gab eine Klage von Edelbert Ohmer

Doch sie irrt sich. Willi Rode kommt gerade vom Training, wartet am Casino. Er blickt auf die Rennstrecke, auf der ein Fahrer einsam seine Runden vor der leeren Tribüne zieht. Auch an Renntagen ist hier oft nicht viel mehr los – auch nicht, wenn Willi Rode hier sein Comeback gibt.

„Damals dachte ich immer: ,Ach ja, hast’ ja noch Zeit.’ Als der Tag X dann aber kam, war es schon ein komisches Gefühl. Man will noch, aber man darf nicht“, erzählt Rode nachdenklich, wirkt aber schnell wieder zuversichtlich, zum Protest bereit.

Den Anstoß zu Rodes Rückkehr gab eine Klage von Edelbert Ohmer. Auch kein Rebell, aber ebenfalls Trabrennfahrer der Kategorie „Ü 70“. Er gewann in zweiter Instanz gegen den HVT, die Altersbeschränkung wurde wegen lückenhafter Argumentation aufgehoben. Vorläufig. Eine abschließende Verhandlung stehe im Herbst noch aus. „Wir werden sehen, wie es ausgeht“, sagt Rode und sein Blick funkelt hinter der verdunkelten Brille.

Rode will mit seinem Comeback auf der Rennstrecke keinem etwas beweisen, das Leben als Pensionär hatte auch angenehme Seiten. „Früher hieß es essen, schlafen, weg. Heute habe ich Zeit zum Kochen, Golfen, Gärtnern“, sagt er. Aber ihm geht es ums Prinzip. „Meine Frau sagt ich sei verrückt – vielleicht hat sie damit Recht – aber ich will dokumentieren, dass das Alter kein Grund zum Aufhören ist.“

Rode selbst ist in diesem Fall das beste Beispiel. Nur weil er keine Startlizenz mehr erhielt, zog er sich nicht aus dem Sport zurück. „Ich bin noch immer jeden Tag auf dem Wagen. Es ist für mich der schönste Beruf auf der Welt, bei dem ich morgens erstmal eine Runde fahren kann. Luxus ist es dann, wenn ich das Handy im Stall vergesse und Ruhe habe,“ sagt er grinsend.

Für die Arbeit mit den Pferden pendelt er zwischen Ställen in Detmold, Oer-Erkenschwick und Waltrop. Dort trainiert er verschiedene Pferde, die Thomas Panschow oder Michael Schmid fahren. „Die Jungs fahren gut für mich. Ich habe kein Problem damit, nur zuzugucken und will jetzt auch nicht jeden Renntag dabei sein. Aber ich muss diese Möglichkeit nutzen, um auf eine falsche Auslegung von Richtlinien aufmerksam zu machen“, sagt Rode. Typisch deutsch sei die allzu korrekte Altersbegrenzung, die keine Ausnahme vorsehe. Der eine sei mit 70 Jahren eben fitter als der andere, das müsse ein Gesundheitstest klären, der über das übliche EKG hinaus ginge.

Viele Kollegen unterstützen Rode, wissen seinen Einsatz zu schätzen. Auch sie könnten von ihm profitieren.

So konnte es bei Rodes Comeback-Rennen, das er übrigens gewann, nur einen Sieger geben. Die Ironie, dass das Protest-Pferd im Kampf gegen deutsche Überkorrektheit „Preußenstern“ hieß, könnte dabei schöner nicht sein.