Essen.
Boris Becker, bekannt aus Funk und Fernsehen, gibt am Mittwochmorgen Tennisstunden beim TK Grün-Weiß 1927 Kamp-Lintfort. Dann fährt er mit seinem Wohnmobil weiter und unterrichtet beim TC Altenessen den Nachwuchs. Die letzte Station seiner sportlichen Nachhilfe-Tour führt ihn zum TC Hönnetal Balve im Sauerland. Ein Szenario, das in etwa so realistisch ist, wie eine Schalke-Präsidentschaft von Uli Hoeneß.
Was mit (und sicher auch für) Boris Becker unvorstellbar ist, macht Mats Wilander in den USA. Der Schwede, inzwischen 46 Jahre alt, war ein paar Wochen länger als Becker Weltranglistenerster und hat mehr Grand-Slam-Titel als Becker gewonnen. Beide wurden mit ihrem Sport Multi-Millionäre. Aber während Becker zwischen Golfturnieren, Promigalas und Auftritten für sein Becker-TV pendelt, reist der Schwede mit „Wilander on Wheels“ wochenweise mit dem Wohnmobil durch seine Wahlheimat USA und gibt in Klubs private Tennisstunden.
Wohnmobil statt Hotel
Den alten Schweden treiben weder Langeweile, Geldprobleme noch Unruhe an. Sondern der Spaß an seinem Sport. „Ich liebe Tennis. Ich liebe es, als Tennislehrer zu arbeiten. Mit den Stunden kann ich etwas weitergeben. Die Menschen, die ich dabei treffe, freuen sich auf mich und sind glücklich, mit mir zu trainieren. Und zwischen fröhlichen Menschen zu sein, das macht mich wiederum glücklich“, erklärt er am Telefon.
Mats Wilander sitzt dabei am Steuer seines Wohnmobils und fährt gerade von Cincinnati in Ohio nach Burlington in New York. „Die Kiste klappert etwas“, erklärt er, als die Verbindung schlechter wird, „ist schon elf Jahre alt, das gute Stück“. Für den Schweden und seinen US-amerikanischen Partner und Freund Cameron Lickle ist das großräumige Wohnmobil gleichzeitig Unterkunft. „Teure Hotels habe ich in meiner Karriere genug gesehen. Mit unserem Winnebago können wir überall halten, wo es uns gefällt. Und einen Schlafplatz findest du immer.“
Trotz überschaubarer Reisekosten lässt sich das Doppel Wilander/Lickle nicht als Schnäppchen buchen. Für einen Tageskurs werden zwischen 2000 und 5000 Dollar fällig. Bis zu 24 Hobbyspieler dürfen mittrainieren. „Dafür bieten wir auch was“, sagt Wilander. Individualisiertes Training, eine Sammlung mit Tipps und Ticks des Ex-Profis. Dazu ein Kurzmatch mit dem ehemaligen Weltranglistenersten. Und, wenn gewünscht, ein Abendessen, gerne als Barbecue am Lagerfeuer.
TV-Experte bei Grand-Slam-Turnieren
„Das ist für viele der Höhepunkt. Sie können alles fragen“, erzählt Wilander. Das besondere Interesse der Spieler zwischen 30 und 60 Jahren, die Wilander in seinen glorreichen Zeiten in den 1980er-Jahren im TV gesehen haben, gilt seinen Erinnerungen an die Duelle gegen Jimmy Connors und John McEnroe bei den US Open. Während beide amerikanischen Sport-Legenden weiter im Dunstkreis des großen Tennis unterwegs sind, arbeitet Wilander mit seiner mobilen Tennisakademie an und mit der Basis. Seine Trainingstouren enden dabei immer zu Hause. Der 46-Jährige wohnt mit Ehefrau Sonya, mit der er bald Silber-Hochzeit feiert, und den Kindern Erik, Emma, Charles und Oscar in Sun Valley im ruhigen Idaho.
So ganz ohne das große Tennis geht es allerdings auch bei Mats Wilander nicht. Der Ex-Profi reist immer noch als TV-Experte zu Grand-Slam-Turnieren. Bei den French Open in Paris hat er zuletzt erstmals Tennisstunden in Übersee gegeben. Frankreich? Da ist Deutschland nicht weit. „Warum nicht? Vielleicht kommen wir 2012 oder 2013 vorbei. Unser Konzept ist grenzenlos. Beim World-Team-Cup in Düsseldorf habe ich mich immer wohl gefühlt“, verrät der alte Schwede.