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Völlers Weißbier-Rede jährt sich zum zehnten Mal

Völlers Weißbier-Rede jährt sich schon zum zehnten Mal

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Foto: imago
Am Freitag vor zehn Jahren wurde ein Stück Fernsehgeschichte geschrieben. Nach dem 0:0 der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen Island in Reykjavik lieferten sich der damalige DFB-Teamchef Rudi Völler und ARD-Moderator Waldemar Hartmann ein legendäres Wortgefecht.

Köln. 

‚Wenn ich irgendwo eine Zahlenkombination mit der Sechs, der Neun und der Drei sehe, denke ich jedes Mal an Rudi Völler‘, schreibt Waldemar Hartmann in seinem Buch ‚Dritte Halbzeit: Eine Bilanz‘. Genau zehn Jahre nach diesem 6.9.2003, an dem sich der ehemalige ARD-Moderator in Reykjavik ein legendäres Wortgefecht mit dem damaligen DFB-Teamchef Rudi Völler lieferte, wird sich Hartmann erneut kneifen, um zu begreifen, was damals passiert ist.

‚Wenn man es genau nimmt, habe ich zwei Geburtstage: Meinen echten am 10. März 1948 – und die Geburt von Weißbier-Waldi am 6. September 2003‘, sagt der 65-Jährige, der seinen Spitznamen Völler zu verdanken hat. ‚Rudi hat mir mit einem einzigen Fernsehinterview meine Altersvorsorge gesichert‘, erklärt Hartmann, der durch seinen anschließenden Werbevertrag mit einer großen Brauerei in den Genuss einer ‚Privatrente‘ kam.

Hartmann schickt Völler eine SMS zum Jahrestag

Traditionell wird er Völler am Freitag eine SMS schicken – mit demselben Text wie in den vergangenen neun Jahren. ‚Herzlichen Dank. Eine Provision bekommst du immer noch nicht. Aber beim nächsten Treffen geht die Rechnung wieder auf mich‘, schreibt Hartmann an den Sportchef von Bayer Leverkusen, der an jenem Abend in der isländischen Hauptstadt im wahrsten Sinne des Wortes explodiert war.

Zuvor hatte er zufällig nach dem 0:0 seiner Mannschaft gegen Außenseiter Island die Analyse von ARD-Experte Günter Netzer und dessen kongenialem Partner Gerhard Delling am Fernseher mitbekommen. Die hatten nach der schwachen Vorstellung von einer Krise der Samstagabend-Fernseh-Unterhaltung gesprochen und den ‚Tiefpunkt‘ beim DFB-Team ausgerufen.

Völler antwortet wie ein Maschinengewehr

Völler hat die Worte auf dem Weg zum provisorischen TV-Studio vernommen, sein Hals wird auf dem Weg vor die Kamera immer dicker. Es dauert nicht lange, bis der heute 53-Jährige den sichtlich verblüfften Hartmann anblafft. ‚Ich weiß, meine beiden Jungs von der ARD, der Günter und auch Herr Delling – das ist natürlich eine schöne Sauerei, was der so sagt. Das muss ich einfach mal so sagen‘, poltert der Teamchef.

Hartmann will es genauer wissen, Völler antwortet wie ein Maschinengewehr: ‚Immer diese Geschichte mit dem Tiefpunkt und noch ’nem Tiefpunkt, dann gibt’s noch mal ’nen niedrigeren Tiefpunkt. Ich kann diesen Scheißdreck nicht mehr hören.‘

‚Als Rudi anfing zu reden, habe ich gemerkt, dass er gleich abgehen wird wie eine Rakete‘, erinnert sich Hartmann, der die richtige Vorahnung hatte. ‚Die Geschichte mit der Unterhaltung, die man Samstagabend macht, dann soll er doch Samstagabend-Unterhaltung machen. Und keinen Sport und keinen Fußball. Dann soll er ‚Wetten, dass?‘ machen, soll den Gottschalk ablösen‘, giftet Völler in Richtung Delling.

Und als Hartmann schlagfertig kontert, ‚Wetten, dass?‘ laufe beim ZDF, legt Völler nach: ‚Dann soll er da hingehen.‘ Hartmann musste zu diesem Zeitpunkt cool bleiben: ‚Ich habe mir gesagt: ‚Bleib schön ruhig, Waldi.‘ Das war geil, was da abging. Ich habe sofort gemerkt, das schreibt jetzt Fernsehgeschichte. Ein rasender Bundestrainer. Ich war glücklich, durfte es aber nicht zeigen. Ich dachte, genial Rudi, du bist grandios, mehr davon.‘

Der Satz, der Hartmann zum Werbestar macht

Und mehr ließ nicht lange auf sich warten. Denn als Hartmann behauptet, eine Mannschaft wie Island müsse man doch eigentlich mit links besiegen, verfärbt sich Völlers Gesichtsfarbe noch einmal ins Dunkelrote: ‚In welcher Welt lebt ihr denn alle?‘, schreit er mehr als er fragt: ‚Ihr müsst doch mal von eurem hohen Ross runterkommen. Was ihr euch immer alle einbildet, was für einen Fußball wir in Deutschland spielen müssen. … Früher, der Günter (Netzer, d. Red.), was die für’n Scheiß gespielt haben. Die haben doch Standfußball gespielt!‘ Hartmann bleibt erstaunlich ruhig und bietet Völler Paroli.

Der Teamchef ist aber nicht mehr zu beruhigen und wirft seinem Gegenüber vor, die Schärfe ins Gespräch gebracht zu haben, was dieser bestreitet. Völler rudert kurz zurück und dann folgt der entscheidende Satz, der Hartmann anschließend zum Werbestar macht: ‚Ja, du nicht. Du sitzt hier locker bequem auf deinem Stuhl, hast drei Weizenbier getrunken und bist schön locker.‘

Völler war schneller als gewöhnlich im Studio

Später entschuldigt sich Völler: ‚Das habe ich nicht so gemeint. Ich hatte das auch nicht geplant. Ich war schneller im Fernsehstudio als sonst, sodass ich die Analyse von Netzer und Delling mitbekommen habe. Und beim Zuhören kochten bei mir die Emotionen hoch. Das war halt so.‘

Hartmann, gerade zum Weißbier-Waldi mutiert, nimmt die Entschuldigung an und lacht noch heute jedesmal darüber, wenn der Werbepartner sein Honorar überwiesen hat. (sid)