Lenzerheide ist bekannt für Schneesicherheit und gutes Wetter – das aber vermissen die besten Skifahrer der Welt beim Weltcupfinale. Die Folge von böigem Wind: Ein böser Sturz des Österreichers Klaus Kröll und erneut abgesagte Rennen. Auf die hätte das deutsche Team aber ohnehin verzichtet.
Lenzerheide/Schweiz.
Felix Neureuther wurde vom Start zurückgezogen, der WM-Zweite Gauthier de Tessieres sah sich als „Crash-Tester“ und Ex-Weltmeister Christof Innerhofer war einfach froh, „gesund im Ziel zu sein“. Klaus Kröll hatte dagegen weniger Glück und stürzte. Spätestens nachdem der Österreicher mit einem Oberarmbruch im Hubschrauber abtransportiert werden musste und der Rennabbruch im Super-G folgte, war das Weltcup-Finale der alpinen Ski-Rennläufer in Lenzerheide/Schweiz zu einer Chaosveranstaltung geworden. Der Super-G der Frauen wurde kurz darauf abgesagt.
Der Deutsche Skiverband (DSV) hatte da bereits konsequent reagiert. Neureuther, Spezialist in den Technikdisziplinen, wurde als Vorsichtsnahme aus dem Starthaus geholt und zurück ins Hotel geschickt, die Gesundheit ging vor. „Die Trainer haben gesagt, es ist zu gefährlich“, sagte der 28 Jahre alte Partenkirchner der ARD: „Mit dem wenigen Aufwand, den ich betrieben habe, wäre das Risiko viel zu groß gewesen.“ Neureuther wollte erstmals seit 2008 in einem Speedrennen antreten, um sich die Chance auf einen Podestplatz im Gesamtweltcup zu erhalten.
Deutsche hatten bereits offiziell abgesagt
Maria Höfl-Riesch, Viktoria Rebensburg und Veronique Hronek wären selbst bei einer Austragung des Frauenrennens nicht gefahren. Alpindirektor Wolfgang Maier hatte den Verzicht schon offiziell mitgeteilt. „Wir hätten die Frauen zurückgezogen. Man muss die Gesundheit nicht riskieren für ein Rennen, dass es nicht wert ist zu fahren“, sagte Maier. Die Super-G-Wertung ging nach dem Ausfall an Gesamtweltcupsiegerin Tina Maze aus Slowenien.
Aber gerade bei den Männern, deren Wettkampf nach zehn Läufern abgebrochen wurde, war der Ärger gewaltig. Nach Meinung vieler hätte kein Start erfolgen dürfen. Der Kroate Ivica Kostelic meinte angesäuert: „Manchmal muss man die Grenze erkennen, es ist eine Lotterie.“
„Traurig, dass sich erst jemand weh tun muss“
„Das war alles andere als fair“, sagte der Italiener Innerhofer: „Ich bin froh, gesund im Ziel zu sein. Traurig, dass sich erst jemand weh tun muss, bis jemand reagiert.“ Der Weltmeister von 2011 hoffte, dass Kröll zumindest von einer schweren Verletzung verschont blieb. Der Österreichische Skiverband (ÖSV) teilte am Nachmittag mit, dass der 32-Jährige einen Bruch des linken Oberarms mit Beteiligung des Oberarmkopfes erlitten habe. Kröll wurde noch am Donnerstag im Kantonsspital Graubünden in Chur operiert.
Der Abfahrts-Spezialist hatte nach einer Kompression die Kontrolle kurz verloren und war anschließend in die Fangzäune gerast. ‚Wenn Klaus solche Probleme hat, dann war es überm Limit‘, kritisierte Krölls Landsmann Romed Baumann vielsagend.
Weltcup-Führender Marcel Hirscher „total grantig“
Auch Marcel Hirscher, der nach der Absage dem Sieg im Gesamtweltcup ganz nahe ist, war erbost. „Ich bin total grantig. Wenn die Gesundheit nicht im Vordergrund steht, ist es ein Witz. Noch mehr Routine als Krölli kann keiner haben“, sagte der 24-Jährige im ORF.
Dadurch relativierte sich auch seine Freude über die praktisch sichere Wiederholung seines Vorjahrestriumphs. Der Norweger Aksel Lund Svindal, der bereits als Gewinner der Disziplinwertung im Super-G festgestanden hatte, konnte den Abstand von 149 Punkten nicht verkürzen. In den ausstehenden Disziplinen Riesenslalom und Slalom ist Hirscher der stärkere Fahrer.
Rennjury überließ Trainern die Verantwortung
Die Verantwortung für der Start hatte die Rennjury den Trainern überlassen. Es gab dort kein klares Votum, sowohl Deutschland als auch Österreich hatten dagegen gestimmt. Dann sollten die Athleten selbst entscheiden. „Ich habe es noch nie erlebt, dass die Jury abstimmen lässt“, sagte Österreichs Sportdirektor Hans Pum fassungslos.
Zunächst hatten am Vormittag Nebel und Schneefall für eine Verschiebung des Starts um über drei Stunden gesorgt. Danach machten wechselnde Windbedingungen und schlechte Sicht die Piste ‚Silvano Beltrametti‘ für die Fahrer kaum noch beherrschbar. Der Franzose de Tessieres, der mit Nummer eins gestartet war und nach dessen Lauf wieder eine lange Unterbrechung folgte, hielt im Ziel einen Zettel in die Kamera, der Bände sprach: „Ich war der Crash-Tester heute. Mama, ich bin noch am Leben“, stand darauf. (sid)